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Telekom: Katzenjammer trotz Rekordbilanz

Eigentlich hätten die Telekom-Aktionäre allen Grund zur Freude. Die Konzern-Bilanz glänzt mit Rekordergebnissen, die Dividenden fallen vergleichsweise üppig aus. Doch an der Börse sind die Aktien zur Zeit nicht gefragt.

Bonn - An diesem Donnerstag legt Kai-Uwe Ricke, Vorstandschef der Deutschen Telekom, eine Bilanz mit Rekordergebnissen vor. Doch gute Laune wird bei den T-Aktionären nicht aufkommen, auch wenn die Dividende üppiger fließen sollte als ein Jahr zuvor (0,62 Euro). Seit vielen Wochen notiert die T-Aktie wieder deutlich unter ihrem Ausgabepreis von vor zehn Jahren. Und Ricke stöhnt: «Gemessen an unserem inneren Wert und unseren Zukunftaussichten sind wir klar unterbewertet». Den großen Konkurrenten geht es kaum besser. Im vergangenen halben Jahr kamen die Aktien fast alle großen Marktspieler unter die Räder.

Vodafone und France Télécom büßten jeweils rund 30 Prozent ein, Telecom Italia 25 Prozent. Bei der T-Aktie waren es 21 und der spanischen Telefónica knapp 14 Prozent. Auch der japanische Marktführer NTT Docomo blieb nicht ungeschoren und ließ mit Einbußen von 19 Prozent seit September 2005 ordentlich Federn. Ausnahmen waren die niederländische KPN mit einem Plus von 42 Prozent, Hutchison Whampoa mit 25 Prozent oder der britische Mobilfunkbetreiber O2, der angetrieben durch die Übernahme durch Telefónica gar auf ein Plus von mehr als 80 Prozent kam.

Während in anderen Industriezweigen die Anleger längst wieder Mut gefasst haben und die Kurse steigen, herrscht im Telekom-Sektor weitgehend Funkstille. «Die Großen tun sich unglaublich schwer, das liegt am Wettbewerbsumfeld», fasst Marcus Schmitz, Analyst bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers, das Dilemma der ehemaligen Staatskonzerne zusammen. Vor allem im Festnetzgeschäft verlieren sie Marktanteile; gleichzeitig sind Kostensenkungen weitgehend ausgeschöpft.

Aber auch reine Mobilfunkkonzerne wie Vodafone stecken in der Bredouille. Die zunehmende Marktsättigung, die Senkung der Terminierungsentgelte sowie das Auftreten von zahlreichen Billiganbietern verhageln den Etablierten das Geschäft. Bei allen neuen Diensten und Produkten seien die Erwartungen zu hoch gesteckt, meint Schmitz und schlussfolgert: «Die Sinnfrage ist ungeklärt».

Mehr Wachstum hat sich auch die Telekom auf die Fahnen geschrieben, auch wenn vorübergehend die Erträge leiden. Vor allem die schwächelnde Festnetzsparte, einst Paradedisziplin, ist zur Dauerbaustelle der Telekom geworden. In dem Bereich verliert der Konzern Monat für Monat Kunden und damit Marktanteile. Rickes Zielsetzung: Umsatzanteile in bestehenden Geschäftsfeldern sichern und neue Geschäftsfelder erschließen. Mit einer neuen Wachstumsstory hofft das Unternehmen, bei Börsianern wieder punkten zu können. Doch Ricke muss auch an anderen Stellen Brände löschen.

Mit der Gewerkschaft ringt der Konzern über den Weggang von 32 000 Beschäftigten. Bis Ende 2008 sollen auf diesem Wege 1 Milliarde Euro eingespart werden. Auch wenn der Vorstand seine Sparpläne ohne Zustimmung der Gewerkschaft durchboxen kann, ist er auf die Mitarbeit von Betriebsräten angewiesen. «Und da stellen wir uns quer», sagte ein Gewerkschafter.

Auch bei der Auslandsexpansion kommt die Telekom derzeit nicht richtig voran. Während sich beispielsweise France Télécom oder Telefónica mit schweren Zukäufen (Amena, O2) in Stellung gebracht haben, droht beim Bonner Riesen selbst ein kleiner Zukauf in Österreich am Veto der EU-Kartellwächter zu scheitern. Es fehle einfach ein schlüssiges Konzept, moniert ein Analyst.

Unterdessen geht die Marktkonsolidierung in Europa weiter. Wenn kein organisches Wachstum möglich sei, dann werde es in der Branche bald wieder große Zusammenschlüsse geben, prophezeit Schmitz. Einen Verbund Telekom und Telecom Italia oder Telefónica, O2 und KPN hält er nach wie vor für passend und sinnvoll. Eine andere Branche zeigt, was alles möglich ist. Schmitz: «Was wir derzeit im Versorgungssektor sehen, das erwarte ich auch im Telekom-Sektor». (Von Peter Lessmann, dpa)

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