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Wirtschaft: Telekom mischt den Call-Center-Markt auf

Vivento Costumer Service, eine Firma der Telekom-Personalgesellschaft, nutzt ihre Marktmacht aus

Berlin - Seit die Deutsche Telekom massiv in den Call-Center-Markt einsteigt, befürchtet die Branche, dass andere Unternehmen vom Markt gedrängt werden. „Wir nehmen das Engagement der Telekom sehr ernst“, sagte Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Forums Deutschland mit 300 Mitgliedern aus der Branche, dem Tagesspiegel. Die Vivento Costumer Service (VCS), eine Firma der Telekom-internen Personalgesellschaft Vivento, werde „mit Sicherheit eine neue Preisrunde einleiten“.

Vor einigen Monaten hatte die Telekom noch große Schwierigkeiten, Jobs für die Vivento-Mitarbeiter zu finden. Doch inzwischen laufe es bei Vivento besser als erwartet, sagte Telekom-Personalvorstand Heinz Klinkhammer dem Tagesspiegel. „Von mehr als 19000 Mitarbeitern sind derzeit nur 4000 ohne Arbeit.“ Allein die Call-Center haben inzwischen 2200 Mitarbeiter. Derzeit baue die VCS in Rostock, Bremerhaven und Neubrandenburg neue Call- Center auf – bundesweit sind es nun 16 Standorte mit einem Schwerpunkt in den neuen Bundesländern. In Rostock sollen zunächst 300, später rund 500 Call-Center-Agenten Arbeit finden. „Dahinter steckt konkrete Beschäftigung“, sagte Klinkhammer. „Wir reden hier von einer Tätigkeit, die mittelfristig stabil ist.“

Vivento soll für die Telekom-Mitarbeiter, die im Kerngeschäft des Konzerns keine Arbeit mehr haben, neue Beschäftigung finden. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Beschäftigungsbündnisses, das die Telekom mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im März geschlossen hat. Im Rahmen dieses Bündnisses verzichtet die Telekom bis Ende 2008 auf betriebsbedingte Kündigungen. Um den Personalüberhang im Konzern dennoch abbauen zu können, wurden bis Ende August rund 30100 Mitarbeiter in Vivento versetzt. Mehr als 10200 Mitarbeiter haben Vivento inzwischen dauerhaft wieder verlassen. Bei den verbliebenen Mitarbeitern liege die Beschäftigungsquote – Qualifizierungsmaßnahmen eingeschlossen – derzeit bei rund 80 Prozent, sagte Klinkhammer. Allerdings sollen bis Anfang 2005 noch einmal circa 4000 Mitarbeiter in Vivento transferiert werden.

Vivento-Chef Dietmar Welslau erwartet, dass die VCS und die für Montagedienste gegründete Vivento Technical Services (VTS) bis Jahresende um die 4000 Mitarbeiter haben werden. Derzeit entwickele Vivento weitere Geschäftsmodelle, um Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. So werde etwa an den Aufbau einer Vertriebsgesellschaft gedacht.

Etwa eine Milliarde Euro kostet Vivento die Telekom 2004. Zu den angestrebten Umsätzen wollten Klinkhammer und Vivento-Chef Welslau keine Angaben machen. „Meine Aufgabe ist es, den notwendigen Personalabbau bei der Telekom sozialverträglich und so kostenoptimiert wie möglich umzusetzen“, sagte Welslau. Was der Telekom hilft, neue Arbeit für die überzähligen Mitarbeiter zu finden: Bei Vivento verdienen sie nur 91,25 Prozent ihres Telekom-Gehalts. Wer keine Beschäftigung hat, erhält als Arbeitnehmer nur 85 Prozent.

Stockmann vom Call Center Forum bestätigt, dass VCS eine „engagierte Akquise“ betreibe. „Der Markt ist angespannt“, sagt Stockmann. „Es wird sicher kleine und mittelständische Unternehmen geben, für die es jetzt schwierig wird.“ Allein die Tatsache, dass die Telekom Dienstleistern gekündigt habe und jetzt die hauseigene VCS dafür beschäftige, habe einige Firmen ins Schleudern gebracht. Betroffen seien vor allem Unternehmen in Ostdeutschland, wo die VCS jetzt als starker Konkurrent auftrete. „Und sie kann günstiger sein, weil jeder Euro, den sie verdient, einen Deckungsbeitrag leistet.“ Denn bezahlen muss die Telekom die Mitarbeiter sowieso.

Neben dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle erwartet die Telekom auch, weitere Vivento-Mitarbeiter bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) unterbringen zu können. Derzeit sind dort – für ein Jahr befristet – 3000 Beamte der Telekom im Einsatz, die bei der Bearbeitung der Anträge für Arbeitslosengeld II helfen. „Wir hoffen, dass wir die Zahl deutlich steigern können“, sagte Klinkhammer. Aktuell sucht die Bundesagentur 4000 Mitarbeiter. Auch diesmal sollen zunächst Beamte rekrutiert werden – allerdings gibt es die Klausel, dass die Beamten „wohnortnah“ zum Einsatz kommen sollen. In Ostdeutschland hat die Telekom allerdings kaum beamtete Mitarbeiter, weswegen die ersten 3000 Beamten vom Westen in den Osten geschickt wurden. „Das wird diesmal nicht passieren“, sagt eine Sprecherin der BA.

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