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Wirtschaft: Telekom will um jeden Kunden kämpfen

Zahl der Anschlüsse im Festnetz geht immer schneller zurück / Wachstum nur noch in den USA

Berlin - Die Deutsche Telekom gerät in ihrem Festnetzgeschäft immer stärker unter Druck. Hat sie im vergangenen Jahr pro Monat etwa 100 000 Anschlüsse an die Konkurrenz abgeben müssen, sind es inzwischen etwa 160 000. Allein in den ersten drei Monaten 2006 habe die Telekom rund 500 000 Kunden verloren, sagte Vorstandschef Kai-Uwe Ricke am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Das will die Telekom jedoch nicht einfach hinnehmen: „Wir kämpfen um jeden Kunden“, sagte der Konzernchef. Im ersten Vierteljahr konnte der Bonner Konzern seinen Umsatz und sein Ergebnis nur dank der starken Entwicklung im Mobilfunkgeschäft in den USA steigern. Bei T-Mobile Deutschland machte sich dagegen der starke Preisdruck bemerkbar. Im ersten Quartal ging hier der Umsatz im Vergleich zur Vorjahresperiode um 3,4 Prozent auf zwei Milliarden Euro zurück.

Im Festnetz senkte die Telekom ihre Umsatzprognose für das laufende Jahr leicht, im Mobilfunk hob sie sie etwas an. Für den Konzern geht Ricke aber davon aus, dass der Umsatz in der oberen Hälfte der Spanne von 62,1 Milliarden bis 62,7 Milliarden Euro liegen wird – nicht zuletzt wegen des Kaufs des Mobilfunkanbieters Telering in Österreich. Anleger und Analysten reagierten am Donnerstag enttäuscht auf die Zahlen und den Ausblick. Die T-Aktie verlor bis Handelsschluss rund 2,6 Prozent auf 13,24 Euro.

Es sei klar, sagte Konzernchef Ricke, dass die Telekom im deutschen Festnetz – auch regulatorisch gewollt – weiter Anschlüsse verlieren werde. Immerhin hält die Telekom noch einen Marktanteil von rund 90 Prozent der Anschlüsse. „Klar ist aber auch: Die Deutsche Telekom wird keinen Kunden und keinen Anschluss kampflos aufgeben“, sagte Ricke. Bei jedem Kunden, der den Anschluss wechseln wolle, würde „ intensiv nachgefasst“. Mit Beratung und der Klärung von Problemen kümmere man sich um jeden dieser Kunden. „So haben wir beispielsweise in dem besonders wettbewerbsintensiven Umfeld des Berliner Marktes die Quote verhinderter Kündigungen um zehn Prozent erhöhen können“, sagte Ricke. Generell gelte, keine Kündigung werde mehr ohne aktive direkte Ansprache des betreffenden Kunden ausgeführt.

In den ersten drei Monaten 2006 stieg der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bereinigt zum Vorjahr um 2,7 Prozent auf fünf Milliarden Euro. Netto verbuchte der Konzern einen Gewinn von 1,1 Milliarden Euro, ein Plus von 9,7 Prozent. Neben dem Mobilfunk wirkten sich hier auch Immobilienverkäufe positiv aus. Der Umsatz erhöhte sich um knapp vier Prozent auf 14,8 Milliarden Euro. Inzwischen hat der Mobilfunk einen Anteil von rund 49,9 Prozent am Gesamtumsatz, der Anteil der internationalen Umsätze liegt bei 45 Prozent.

Die Telekom beschäftigte Ende März 2006 noch 248 982 Mitarbeiter. Wie bereits angekündigt, sollen bis Ende 2008 32 000 Menschen den Konzern verlassen. Betriebsbedingte Kündigungen sind dabei ausgeschlossen. Insgesamt hätten sich rund 3500 Mitarbeiter seit Beginn des Jahres für ein Ausscheiden aus dem Unternehmen über Altersteilzeit oder Abfindung entschieden, sagte Ricke. „Damit liegen wir deutlich im Rahmen unserer Erwartungen, bis Ende 2008 insgesamt rund 11 000 Mitarbeiter über diese Instrumente zu adressieren.“

Aktuell befindet sich die Telekom in Tarifverhandlungen mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. „Die derzeitige Forderung von Verdi – insgesamt rund 6,7 Prozent – ist aus unserer Sicht völlig realitätsfern“, sagte Ricke. Vor Beginn der fünften Runde in den Tarifverhandlungen kündigte Verdi am Donnerstag an, die Warnstreiks noch einmal auszuweiten. „Am Freitag werden flächendeckend Streikmaßnahmen stattfinden, um den Druck auf die Telekom zu erhöhen, endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen“, sagte Verhandlungsführer Lothar Schröder. Am heutigen Freitag erreichen die Verhandlungen laut Verdi eine entscheidende Phase. Auch in Berlin hat Verdi rund 500 Beschäftigte zu einem Warnstreik aufgerufen.

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