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Teuerung: Noch teurer

Inflationsrate steigt im November auf den höchsten Stand seit 13 Jahren – vor allem wegen hoher Energie- und Lebensmittelpreise.

Berlin - Das Leben in Deutschland ist noch teurer als befürchtet. Wegen deutlich gestiegener Ausgaben für Energie und Lebensmittel stieg die Inflationsrate im November auf 3,1 Prozent. Das ist die höchste Steigerungsrate seit 13 Jahren, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Zuletzt hatte die Teuerungsrate in Deutschland Anfang 1994 die Drei-Prozent-Hürde überschritten. Damit korrigierten die Statistiker ihre Schätzung von drei Prozent, die sie vor zwei Wochen ausgegeben hatten, nach Vorlage aller Daten sogar noch einmal nach oben. Im Vergleich zum Oktober stieg die Inflationsrate um 0,5 Prozentpunkte.

Eine anhaltend hohe Teuerungsrate könnte Auswirkungen auf die Konjunktur haben: Ist die Inflation hoch, nimmt die Kaufkraft ab, weil das Geld der Verbraucher weniger wert ist. „Die Preisentwicklung ist nicht förderlich für die Konsumstimmung und damit auch nicht gut für das Weihnachtsgeschäft“, sagte der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, Hubertus Pellengahr, am Freitag. Die Folgen könnten aber noch weitreichender sein: Sollte die Kaufkraft nachlassen, würde das auch der erhofften Belebung der Binnenkonjunktur im kommenden Jahr den Schwung nehmen – und damit nicht nur das Wachstum schwächen, sondern auch den Druck auf die Europäische Zentralbank verstärken, die Leitzinsen zu erhöhen. Dafür allerdings müsste die Teuerung auf längere Sicht auf hohem Niveau bleiben, meinen Beobachter der Europäischen Zentralbank.

Die Statistiker erheben die Teuerungsrate in jedem Monat anhand der Daten aus den einzelnen Bundesländern. Weil die einzelnen Produktgruppen dabei unterschiedlich stark berücksichtigt werden (siehe Kasten), fällt die Erhöhung bei Energiekosten wesentlich stärker ins Gewicht als zum Beispiel die Erhöhung der Bildungsausgaben. Ohne die Energieprodukte hätte die Teuerungsrate nur bei 2,2 Prozent gelegen. Das ist immer noch höher als der Wert, bei dem die Europäische Zentralbank (EZB) die Preisstabilität gewährleistet sieht.

Besonders viel mussten deutsche Verbraucher im November bei leichtem Heizöl und bei Sprit drauflegen (siehe Tabelle). Fast verdoppelt hat sich der Preis für Butter (plus 46,1), aber auch für Speisequark (plus 37,1 Prozent) und Vollmilch (plus 27,9 Prozent) mussten Konsumenten im Supermarkt deutlich mehr Geld ausgeben.

Trotz der hohen Inflationsrate bleiben die meisten Ökonomen entspannt.„Ich sehe das sehr gelassen“, sagte Stefan Cooths vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, dem Tagesspiegel. Der hohe Novemberwert sei durch Sondereffekte zustande gekommen. Die Energiepreise seien vor einem Jahr besonders niedrig gewesen. In diesem Jahr seien sie dagegen ungewöhnlich hoch. Zudem habe die Mehrwertsteuererhöhung um drei Prozentpunkte zu Beginn dieses Jahres mit einem Prozentpunkt zur Teuerung beigetragen, sagte Cooths. „2008 wird sich das nicht mehr bemerkbar machen.“

Das DIW erwartet für das kommende Jahr daher insgesamt eine deutlich niedrigere Inflationsrate von „deutlich unter zwei Prozent“, sagte Cooths – unter einer Bedingung: „Wenn es auf breiter Front zu den angekündigten Preiserhöhungen der Versorger kommt, könnte sich das mit zwei bis drei Zehnteln auf die Inflationsrate auswirken.“

Nach Angaben des unabhängigen Branchendienstes Verivox wollen mehr als 300 Stromversorger ihre Preise zum 1. Januar 2008 erhöhen, in Einzelfällen um bis zu 25 Prozent. Auch der Ölpreis, der sich am Freitag um gut einen Dollar auf 93,30 Dollar für das Fass US-Öl verteuerte, wird nach Einschätzung von Branchenexperten hoch bleiben. Bei den Lebensmitteln zeichnet sich nach den kräftigen Preissteigerungen in den vergangenen Monaten – vor allem bei Butter und anderen Milchprodukten – dagegen wieder eine leichte Entspannung ab. „Die Preise werden eher stabil bleiben“, sagte Eberhard Hetzner, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes,.

Auswirkungen der hohen Teuerungsrate auf die laufenden Tarifrunden erwarten Ökonomen nicht. „Ein hoher Monatswert dürfte keine Auswirkungen auf die Tarifforderungen haben“, sagte Gustav Adolf Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), dem Tagesspiegel. Viel wichtiger für die Inflationsrate sei in den Lohnverhandlungen die Gewinnentwicklung der jeweiligen Unternehmen, meint DIW-Forscher Cooths.

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