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Vor einem herkömmlichen Kraftwerk mit großen Kühltürmen drehen sich vier Windräder.

© picture alliance/dpa

Teure Energie: Schlau wie die Schweden

Die Monopolkommission der Regierung will bei der Energiewende einen radikalen Kurswechsel, damit Strom bezahlbar bleibt. Das Vorbild ist Schweden

Berlin - Das Beiwerk war schmackhaft, die Botschaft hatte es in sich. Brezeln und Obst hatte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), reichen lassen, um vor der Presse auf die Energiewende und die steigenden Strompreise zu schimpfen. „Jeder vierte Industriebetrieb denkt über Produktionseinschränkungen nach“, sagte er, das habe eine Umfrage seiner Organisation ergeben. Sogar fast jede siebte Firma plane angesichts der teuren Energie Fabriken zu verkleinern oder sie ins Ausland zu verlegen. Die Förderung des grünen Stroms, des aktuell stärksten Preistreibers, „muss marktwirtschaftlich werden“, verlangte Schweitzer.

Der Zeitpunkt war mit Bedacht gewählt – zum einen, weil in 17 Tagen ein neuer Bundestag gewählt wird. Zum anderen, weil just am Donnerstag die Monopolkommission einen Vorschlag für eine radikale Reform der Ökostrom-Förderung präsentierte. Und die wäre durchaus nach dem Geschmack Schweitzers.

Die Kommission, ein wichtiges Beratergremium der Regierung, schlägt vor, in Zukunft nicht mehr auf 20 Jahre garantierte Preise für Energie aus Wind, Sonne oder Biogas zu zahlen. Denn dieses Umlagesystem sorgt derzeit für einen steilen Anstieg der Strompreise, 2014 wird ein Durchschnittshaushalt rund 225 Euro pro Jahr für die Unterstützung der Erneuerbaren zahlen – bislang sind es 185 Euro. Mehr als 20 Milliarden Euro werden so umverteilt – von Mietern zu Eigenheimbesitzern mit Solardach, von Hartz-IV-Beziehern zu Windparkbetreibern. Den Beratern schwebt ein Modell vor, bei dem Stromversorger und Stadtwerke bestimmte Quoten von Öko-Energie liefern müssen. Aus welchen Quellen diese stammt, bleibt ihnen überlassen – der günstigste Lieferant erhält den Zuschlag. Das wären nach derzeitiger Lage meist Windräder an Land; teure Offshore-Anlagen und wenig effiziente Solarzellen hätten wohl kaum eine Chance. Durch regelmäßige Erhöhungen der Quoten könnte der Anteil des grünen Stroms bis 2020 auf 35 Prozent steigen – wie die Regierung es sich vorgenommen hat. Das wäre „zielgerichteter und kostengünstiger als nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz“, warb Daniel Zimmer, Vorsitzender der Monopolkommission. Die Kosten für die Verbraucher würden sinken. So wie in Schweden – dort habe man die Energiewende zu einem Bruchteil der Kosten hinbekommen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) findet die Idee gut – sie liegt nahe am Wahlprogramm seiner Partei. „Richtungsweisend für die anstehende energiepolitische Debatte“ sei der Vorschlag. Selbst sein Widerpart, Umweltminister Peter Altmaier (CDU), sprach von einem „interessanten“ Beitrag.

Die Grünen sind dagegen. „Es bleibt ein fader Beigeschmack, wenn eine Behörde zwei Wochen vor der Bundestagswahl FDP-Forderungen um eine Abschaffung des EEG unterstützt“, sagte ihr Energieexperte Hans- Josef Fell. Vor einer „Remonopolisierung der Energieversorgung“, warnte Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD). Im rot-grün dominierten Bundesrat dürfte es eine solche Reform also schwer haben. Die SPD will eher den Druck auf Versorger erhöhen – etwa über eine geringere Stromsteuer. Keine Lust auf ein Quotenmodell haben die Ökostrom-Erzeuger. Laut dem Bundesverband Erneuerbare Energien bedeute es „mehr Planwirtschaft und weniger Wettbewerb“. Carsten Brönstrup

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