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Wirtschaft: Teure Kopie

Touristen kaufen gerne gefälschte Markenartikel. Doch am Ende zahlen sie drauf: Produktpiraterie kostet Milliarden

Berlin - Das Angebot ist verlockend. Auf dem Basar stapeln sich die Ralph-Lauren-Hemden in jeder nur gewünschten Farbe. Der Preis: umgerechnet nur wenige Euro. Doch was in vielen Ländern fast schon als Touristenattraktion beworben wird, ist nichts anderes als Diebstahl. Denn geklaut wurde die Idee, das Design eines anderen. Im Original kosten die T-Shirts um die hundert Euro. Pro Jahr fügen Produktpiraten allein der deutschen Volkswirtschaft einen Schaden in Höhe von 25 Milliarden Euro zu, weltweit kostet der Ideenklau Unternehmen rund 120 Milliarden. Tendenz steigend. Daher hat die deutsche Bundesregierung das Thema auch beim im Juni anstehenden G-8- Gipfel in Heiligendamm auf die Tagesordnung gesetzt.

„Fälschen ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn die Gerichte solche wirtschaftskriminellen Delikte oft so behandeln“, sagt Rido Busse. Der Unternehmer aus Ulm verleiht einmal im Jahr den Negativpreis Plagiarius an die „beste“ Kopie. In diesem Jahr hat unter anderem die Isolierkanne „Sophie“ von Alfi gewonnen, beziehungsweise ihr Plagiat aus China. „Statt Alfi steht dann Albi auf der Kanne und schon gilt es nicht mehr als Fälschung“, schimpft Busse.

Doch so einfach ist es nicht. Wird dem Verbraucher bewusst eine Kopie als Original untergejubelt, kann das betroffene Unternehmen gegen den Fälscher vorgehen. Im Fall der Isolierkanne unterscheiden sich Original und Kopie nur durch einen einzigen Buchstaben. „Das reicht nicht aus, da die Form unverändert übernommen wurde“, sagt Rembert Brieske vom Deutschen Anwaltverein (DAV).

Aber auch dem Verbraucher drohen Strafen, wenn er vermeintliche Urlaubsschnäppchen ersteht. So kann eine in Italien für wenige Euro ergatterte „Markenuhr“ im Nachhinein noch teuer werden. „Ein Unternehmen kann eine Abmahnung schicken und dann belaufen sich die Anwaltskosten schnell einmal auf 1000 Euro“, warnt DAV-Vizepräsident Brieske. Ebenso würden Plagiate vernichtet, die der Zoll bei der Einreise finde. Zu Recht, meint der Anwalt, denn jeder wisse doch, dass eine Schweizer Markenuhr mehr als zehn Euro kostet. „Die Leute sollten in die Ferien fahren, um sich zu erholen, nicht um günstig einzukaufen“, rät daher der Experte für Urheberrecht.

Verstärkt gingen inzwischen auch die Staaten selbst gegen Produktpiraterie vor. „In Italien können Sie beim Kauf von Plagiaten festgenommen werden“, sagt Brieske. Die Polizei kontrolliere verstärkt die Märkte, auf denen gefälschte Luxus- und Konsumgüter verscherbelt werden. Etwas habe die Markenpiraterie in Urlaubsländern schon abgenommen, sagt Stephanie Krüger vom Deutschen Patent- und Markenamt in München.

Dagegen nimmt der Handel über das Internet zu, etwa bei Tauschbörsen wie Ebay. Das Online-Auktionshaus hat sich abgesichert und weist die Kunden auf seine Richtlinien hin. Aber wer Kopien zu unrealistischen Preisen kauft, macht sich schuldig und kann eine Unterlassungserklärung des Originalherstellers erhalten.

Schwierig ist es, wenn mit bloßem Auge nicht erkennbar ist, dass es sich um eine Fälschung handelt. So wurden in diesem Jahr auch in China nachgemachte Tankstellen-Zapfventile mit dem Plagiarius-Preis ausgezeichnet. „Hier merken Sie den Unterschied vielleicht erst beim Tanken, wenn die Stoppvorrichtung nicht funktioniert oder der ganze Hahn auseinander fällt“, sagt Preis-Initiator Busse. Das Problem liege immer häufiger auch bei den Unternehmen, die möglichst billig einkaufen wollten – und dabei auf Qualitätsprodukte verzichteten.

Hersteller können sich schützen, indem sie beim Deutschen Patentamt oder seinen internationalen Pendants Schutzrechte anmelden. Das kostet zwar, hilft aber später, um Marken- oder Patentrechte einzufordern. Entdeckt ein Hersteller eine im Ausland angefertigte Fälschung, sollte er sich an den Zoll wenden – und einen Anwalt einschalten, rät Krüger vom Patentamt.

Beispiele für besonders dreiste Kopien sind seit Anfang April im Museum „Plagiarius“ in Solingen zu bestaunen, das Busse initiiert hat.

Juliane Schäuble

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