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Die IG Metall hat gerade Zuschläge für die Leiharbeitskräfte ausgehandelt. Dagegen sorgte die dubiose Christengewerkschaft für Lohndumping und Billigtarife. Foto: dpa

© dpa

Teure Tarifverträge mit Christengewerkschaft: Zeitarbeitsfirmen müssen nachzahlen

Personaldienstleister haben auf Grundlage eines Dumpingtarifvertrags zu wenig gezahlt Deshalb mussten bislang 44 Millionen Euro an Sozialbeiträgen nachgezahlt werden.

Berlin - Da war wohl viel Wunschdenken im Spiel. Rund zwei Milliarden Euro, frohlockten die vermeintlichen Experten des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), müssten viele Zeitarbeitsfirmen an Sozialbeiträgen nachzahlen, weil sie ihre Leute über Jahre zu unrechtmäßigen Billigtarifen arbeiten ließen. Das wäre eine späte Rache für Lohndumping. Ganz so schlimm kommt es aber nicht für die Personaldienstleister: Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung mussten ein paar hundert Firmen bis Ende März 44 Millionen Euro an Sozialbeiträgen nachzahlen. Viel mehr als 100 Millionen Euro dürften es am Ende kaum sein.

Am Freitag meldete die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, das Bundesarbeitsgericht habe nun eine Entscheidung des Berliner Landesarbeitsgerichts aus dem Januar bestätigt, wonach die „Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP)“ keine Tarife hätte abschließen dürfen. Es geht um die Jahre 2004, 2006 und 2008, als der Arbeitgeberverband der Leiharbeitsbranche AMP mit der dubiosen Christengewerkschaft Dumpingverträge schloss, die unter dem Niveau jener Tarife lagen, die der DGB mit den Leiharbeitgebern vereinbart hatte. Die Arbeitsgerichtsbarkeit hat dann später über mehrere Instanzen den Christen bescheinigt, nicht tariffähig zu sein. Denn die Pseudogewerkschaft hatte viel zu wenige Mitglieder, um einen anständigen Tarif bei den Arbeitgebern durchzusetzen.

Rückwirkend sind diese Verträge nichtig. „Betroffene Leiharbeitnehmer können nun Ansprüche gegen die Firmen weiterverfolgen. Zudem können nun Sozialversicherungsbeiträge in Milliardenhöhe nachgefordert werden“, schreibt Verdi und nennt denn auch mit Hinweis auf den DGB eine Größenordnung: zwei Milliarden Euro.

Tatsächlich hat die Deutsche Rentenversicherung, gewissermaßen der Eintreiber von Sozialbeiträgen, bis Ende März rund 1100 Leiharbeitsfirmen überprüft; im Ergebnis mussten 655 gut 44 Millionen Euro nachzahlen. Nach Angaben des Bundesarbeitgeberverbandes Zeitarbeit (BAP), in dem der frühere AMP aufgegangen ist, dürften 2000 bis maximal 3000 Leiharbeitsfirmen ihre Leute nach den unanständigen Christentarifen bezahlt haben. Rechnet man also die bisherigen Nachforderungen hoch auf alle Firmen, dann dürften etwa 100 Millionen Euro in die Sozialversicherungen fließen.

Immerhin. Bei weitem geringer ist das, was die geprellten Leiharbeitnehmer selbst einfordern. Von einer „geringfügigen Summe“ ist die Rede beim BAP. „Wir hatten den Eindruck, dass sind sehr, sehr wenige.“

Die Leiharbeiter, nur selten gewerkschaftlich organisiert, nehmen offenbar die unrechtmäßige Bezahlung hin und scheuen sich, ihr Recht einzuklagen. Zugunsten ihrer Verleiher, die sich mit Hilfe der Christengewerkschaft einen Sonderprofit gesichert haben. Alfons Frese

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