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Wirtschaft: Teures Öl belastet Wachstum in Deutschland

Volkswirte warnen, dass die Konjunktur zu Jahresbeginn unter den hohen Preisen leiden könnte / Regierung hält an Prognose fest

Berlin - Die hohen Ölpreise werden wahrscheinlich das Wachstum in Deutschland drücken. „Das erste Quartal wird dadurch belastet werden“, sagte Martin Hüfner, Chefvolkswirt der Hypo-Vereinsbank, dem Tagesspiegel am Sonntag. Zu Hysterie bestehe jedoch kein Anlass. „Es gibt keinen Grund, eine neue Ölkrise herbeizureden“, sagte Hüfner. Die Belastung werde „eher temporär“ sein. Joachim Scheide, Konjunkturchef am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sagte, die hohen Ölpreise bedeuteten „für die Konjunktur nichts Gutes“.

Die Ölpreise hatten sich vergangene Woche wieder ihren bisherigen Höchstständen vom Oktober des vergangenen Jahres genähert. In London war die Nordseesorte Brent sogar mit rund 53 Dollar je Barrel (159 Liter) zwischenzeitlich so teuer wie noch nie. Auch zum Wochenende hielt der Preisauftrieb weiter an. Am New Yorker Warenterminmarkt Nymex schloss Öl zur Auslieferung im April am Freitag mit 53,78 Dollar je Barrel – das waren 0,4 Prozent mehr als am Vortag. Das war der höchste Stand seit dem 26. Oktober 2004. Anfang Januar hatte das Niveau noch etwa zehn Dollar niedriger gelegen.

„Der gegenwärtige Ölpreisanstieg ist verständlich, weil überall auf der Welt kaltes Klima herrscht“, sagte Hüfner. Schnee in Italien und New York, minus 20 Grad in München – „da kann niemand erwarten, dass der Ölpreis fällt“. Um die Auswirkungen auf das Wachstum von Januar bis März genau abschätzen zu können, müsse man zwar noch die nächsten drei Wochen abwarten. Es würde ihn aber nicht wundern, „wenn wir sie beim ersten Quartal ablesen können“, sagte Hüfner.

Konjunkturexperte Scheide vom IfW sagte, sollten die Notierungen weiterhin über der Marke von 50 Dollar bleiben, könne das maximal bis zu 0,2 Prozent des Wirtschaftswachstums kosten. Er rechne aber nicht mit einer „ganz so bösen Überraschung“ wie im vierten Quartal 2004, als die deutsche Wirtschaft gegen die Erwartungen aller Experten leicht geschrumpft ist. Allerdings habe es im Februar wegen des Anstiegs beim Öl einen Sprung der Verbraucherpreise gegeben. Damit sei auch im März zu rechnen – und das schwäche den privaten Konsum, sagte Scheide.

Das IfW sehe jedoch noch keinen Grund, wegen des teuren Öls seine Wachstumsprognose für dieses Jahr zu senken. „Ein oder zwei Monate mit hohen Preisen machen das Szenario nicht kaputt“, sagte Scheide. Das Institut rechne außerdem weiterhin damit, dass der Ölpreis auf ein Niveau um die 40 Dollar falle.

Unterdessen hat die Bundesregierung einen Vorab-Bericht der „Welt am Sonntabg“ zurückgewiesen, wonach sie ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr senken wolle. Die Zeitung hatte gemeldet, die Konjunkturexperten der Regierung, die zu Beginn des Jahres noch mit einem Plus von 1,6 Prozent gerechnet hatten, würden ihre Prognose in Richtung ein Prozent revidieren.

Auch einen Bericht der „Bild am Sonntag“ dementierte die Regierung. Die Zeitung berichtet, Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) habe vor, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erklären. Darüber hinaus plädiere Clement dafür, dass der Bund zugunsten weiterer Investitionen neue Schulden aufnimmt. Dagegen lehnten SPD-Chef Franz Müntefering und Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) Konjunkturprogramme noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai erneut ab.

In den vergangenen Wochen hatten eine Reihe von unabhängigen Experten ihre Wachstumsprognose für Deutschland korrigiert – zuletzt auch der Internationale Währungsfonds (IWF) von bisher 1,8 Prozent auf 0,8 Prozent. Das IfW in Kiel erwartet ebenfalls nur ein Plus von 0,8 Prozent.

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