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Ramponiert.

© dpa

Thyssen-Krupp baut ab: 2000 Stellen fallen beim Stahl weg

Thyssen-Krupp forciert nach dem milliardenschweren Verlust des Vorjahres den Sanierungskurs. Einen Teil der 500 Millionen Euro Einsparungen sollen die Mitarbeiter bringen - indem sie auf ihre Jobs verzichten.

Berlin - Am Anfang steht Wortgeklingel, am Ende der Abbau von 2000 Arbeitsplätzen. Von einem „ganzheitlichen Programm der strategischen Weiterentwicklung“ ist die Rede, einem optimierten Portfolio, einer neuen Unternehmenskultur und der Steigerung der Leistungsfähigkeit und des Wertpotenzials. In Wirklichkeit geht es bei Thyssen-Krupp um Sanierung. Der Konzern aus Essen hat im vergangenen Jahr knapp fünf Milliarden Euro Verlust eingefahren, ist in Kartell- und Korruptionsverfahren verstrickt und versucht verzweifelt Käufer zu finden für zwei neue Stahlwerke in Übersee, die tatsächlich Milliardengräber sind.

Mit dem Verkauf der Fabriken in Brasilien und den USA korrigiert Vorstandschef Heinrich Hiesinger die Strategie seines Vorgängers und reduziert die Bedeutung des Stahls. Thyssen-Krupp ist mit knapp 170 000 Beschäftigten auf fünf Gebieten tätig: Stahl, Autozulieferung, Werkstoff- und Rohstoffhandel, Bau von Chemieanlagen oder Zementfabriken sowie Fahrtreppen und Aufzüge. Hiesinger, der von Siemens kam und vor gut zwei Jahren Vorstandsvorsitzender wurde, setzt auf Industrie. Auch deshalb soll an den europäischen Stahlstandorten die Belegschaft von derzeit 27 600 „sozialverträglich um über 2000 Mitarbeiter verringert werden“, wie es in der Pressemitteilung vom Freitag heißt. Betroffen sind unter anderem eine Bandbeschichtungsanlage in Duisburg, eine elektrolytische Beschichtung in Dortmund, das Werk in Neuwied sowie eine Feuerverzinkungslinie in Spanien. Neben dem Abbau der 2000 Arbeitsplätze könnten weitere 1800 Mitarbeiter ihren Job bei Thyssen-Krupp verlieren, weil ihre Bereiche oder Firmen verkauft werden.

Das „aktuelle Optimierungsprogramm“ haben die Konzernstrategen „Best in Class – reloaded“ (BIC) getauft. BIC soll bis zum Geschäftsjahr 2014/15 500 Millionen Euro bringen. Alles in allem will das Unternehmen in den nächsten drei Jahren zwei Milliarden Euro sparen. Dazu wird die Verwaltung gestrafft und der Einkauf über alle Sparten abgestimmt. Ferner werden „alle Geschäftsbereiche des Konzerns einen Beitrag zur nachhaltigen Leistungssteigerung erbringen und im Wettbewerb eine führende Position hinsichtlich der Profitabilität einnehmen müssen“. Der europäische Stahlbereich, der Qualitätsflachstahl unter anderem für die Autoindustrie, die Energiewirtschaft und den Bau produziert, kam zuletzt nur auf eine Rendite von 2,2 Prozent „und deckt damit seine Kapitalkosten nicht mehr“. Die Kapitalkosten sind ein wichtiges Thema in dem Konzern, dessen Schuldenstand zuletzt bei knapp sechs Milliarden Euro lag.

Bereits im Mai 2011 hatte Hiesinger eine umfangreiches Verkaufsprogramm angekündigt, das inzwischen weitgehend abgeschlossen ist. Im Mittelpunkt stand der Verkauf der Edelstahlsparte an den finnischen Wettbewerber Outokumpu für 2,7 Milliarden Euro.

Die Ankündigung des „sozialverträglichen“ Abbaus von 2000 Arbeitsplätzen rief am Freitag sofort die IG Metall auf den Plan. „Die Rechnung für vergangenes Missmanagement darf jetzt nicht den Beschäftigten ausgestellt werden“, forderte der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Knut Giesler. Konkret will die Gewerkschaft betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sehen und fordert ferner „Investitionen in eine nachhaltige Stahlstrategie am Standort Deutschland“. Das sollte mit dem Management des Konzerns möglich sein: Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor bei Thyssen– Krupp Stahl ist seit ein paar Monaten Thomas Schlenz; Schlenz war gut zehn Jahre Chef des Konzernbetriebsrats von Thyssen-Krupp, bevor er im Herbst vergangenen Jahres die Seiten wechselte. Und im Konzernvorstand sitzt Oliver Burkhard – der war Vorgänger Gieslers als Gewerkschaftschef in NRW.

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