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Wirtschaft: Thyssen-Krupp macht Stahl zu Gold

Weltweiter Boom beschert glänzende Geschäfte. Neue Werke und Jobs gibt es aber nur im Ausland

Essen - Der weltweite Stahlboom hat Thyssen-Krupp im abgelaufenen Geschäftsjahr 2005/2006 ein weiteres Rekordergebnis beschert. Konzernchef Ekkehard Schulz meldete am Freitag 2,6 Milliarden Euro Vorsteuergewinn, 56 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Umsatz stieg von 42,9 Milliarden auf 47,1 Milliarden Euro. Die Aktionäre sollen eine Dividende von einem Euro je Aktie bekommen, ein Fünftel mehr als vor einem Jahr. Von den sechs Sparten des Mischkonzerns fuhr nur das Autozuliefergeschäft einen Verlust ein. Die Stahlsparte trug mehr als die Hälfte zum Gewinn bei.

Erstmals seit Jahren weist die Konzernbilanz mehr Guthaben als Schulden aus. Mit Hilfe dieses Polsters will Thyssen-Krupp kräftig wachsen. In den kommenden fünf Jahren plant der Konzern, knapp 20 Milliarden Euro zu investieren.

Teil der Wachstumsstrategie ist ein neues Stahlwerk, das der Konzern für drei Milliarden Euro in Brasilien baut. Im Südosten der USA sucht das Unternehmen derzeit einen Standort für ein weiteres Werk. Gleichzeitig hält Schulz an der Hoffnung fest, den kanadischen Konkurrenten Dofasco zu übernehmen und damit zum Schwergewicht im nordamerikanischen Markt aufzusteigen. Thyssen-Krupp hatte im Januar mit dem Branchenführer Mittal vereinbart, dass Mittal im Fall einer Übernahme des Konkurrenten Arcelor dessen Tochter Dofasco für 3,8 Milliarden Euro an Thyssen-Krupp verkauft. Die Großfusion Arcelor-Mittal kam im Juni zustande, doch Arcelor hatte zuvor Dofasco in eine eigenständige Stiftung eingebracht – und die weigert sich nun, dem Verkauf zuzustimmen.

Thyssen-Krupp-Chef Schulz drängt nun Arcelor-Mittal, die Stiftung aufzulösen. Er zähle auf die Unterstützung des US-Justizministeriums, das die Marktmacht des neuen Branchenriesen Arcelor-Mittal begrenzen will. „Ich hoffe sehr, dass es nicht nötig sein wird, den Vertrag auf juristischem Wege durchzusetzen“, drohte Schulz. Als Alternative zu Dofasco wolle er die eigenen Stahlwerkpläne nicht verstanden wissen. „Das Stahlwerk kommt in jedem Fall“, sagte Schulz. „Und für den schlimmsten Fall haben wir natürlich einen Plan B.“ Den wollte er allerdings nicht verraten.

Schulz sagte, er rechne damit, dass die Übernahmewelle in der Stahlbranche weitergehe. Derzeit streiten sich die indische Tata und die brasilianische CSN um den britisch-niederländischen Konkurrenten Corus. „Wir werden uns an diesem Konsolidierungsprozess beteiligen“, sagte Schulz. Das eigene Unternehmen sei aber nicht in Gefahr: „Wir haben zurzeit keinerlei Hinweise, dass jemand irgendetwas gegen Thyssen-Krupp vorbereitet.“ Gleichwohl begrüße der Vorstand, dass die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung ihren Aktienanteil von 23,71 Prozent auf eine Sperrminorität von 25 Prozent erhöhen wolle, mit der sie eine feindliche Übernahme erschweren würde. „Wir haben einen Großaktionär, der zum Erhalt des Unternehmens steht und das auch zum Ausdruck bringt“, sagte Schulz.

Für das laufende Geschäftsjahr stellte Schulz erneut einen Vorsteuergewinn von mehr als 2,5 Milliarden Euro in Aussicht. Er rechne mit moderateren Erzpreiserhöhungen als 2006. Gleichzeitig habe Thyssen-Krupp in neuen Verträgen mit Abnehmern aus der Autobranche höhere Preise durchsetzen können. Billigkonkurrenz aus China, das neuerdings mehr Stahl aus- als einführt, sei keine Gefahr für Thyssen-Krupp, das sich auf Flachstahl in hoher Qualität spezialisiert hat. „Das ist gar nicht unser Markt“, sagte Schulz. Auch neue Jobs schafft der Konzern mit seiner Erfolgsstory – nur nicht am wichtigsten Standort Deutschland. Hier werde sich der Stellenabbau weiter fortsetzen, wenn auch etwas langsamer als in den vergangenen Jahren.

Die IG Metall zeigte sich von dieser Aussage überrascht. „Mit uns gibt es keine Gespräche über einen Jobabbau“, sagte der nordrhein-westfälische Bezirksleiter Detlef Wetzel dem Tagesspiegel. Im Juli hatten Konzern und Gewerkschaft eine Beschäftigungsgarantie bis 2013 im Gegenzug für eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 34 Stunden ohne Lohnausgleich vereinbart.

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