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Wirtschaft: Tief gefallen

Seit dem 1. Januar müssen auch Auslandsmitarbeiter der GIZ Lohnsteuer zahlen / Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Management.

Frankfurt am Main - Das Unternehmen eine Steueroase, die Angestellten Steuerflüchtlinge: Rund 1700 Beschäftigte der bundeseigenen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Eschborn sahen sich bis Ende vergangenen Jahres heftigen Vorwürfen ausgesetzt. Die GIZ betreut Projekte in Entwicklungsländern. Und bisher konnten die meist gut ausgebildeten Akademiker und Ingenieure die Gehälter für ihre Arbeit in Afrika, Asien und Lateinamerika steuerfrei beziehen, weil sie ihren Wohnsitz in Deutschland aufgegeben hatten und in den Ländern fern der Heimat von der Steuer befreit waren. Seit 1. Januar ist damit Schluss.

Die GIZ muss für ihre Auslandsmitarbeiter nun Lohnsteuer abführen. Die Folge: Monatliche Einbußen zwischen 650 und 2000 Euro. Wie Tobias Schürmann von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sagt, sinken die Gehälter von heute auf morgen deutlich, ohne dass Arbeitsverträge und -zeiten geändert werden. Mittlerweile hat aber auch die GIZ-Führung ein Einsehen. In den laufenden Tarifverhandlungen haben sich beide Seiten grundsätzlich auf einen Ausgleich geeinigt, etwa über eine höhere Auslandszulage oder eine erhöhte Beihilfe für Schulgebühren der Kinder. Ob die Einbußen komplett ausgeglichen werden, ist nach Angaben von Schürmann offen. Im Februar soll es zunächst eine Einmalzahlung geben.

Der Verdi-Experte spricht von einer unfairen Behandlung der Mitarbeiter: „Keiner von ihnen hat auch nur einen Euro Steuern hinterzogen. Sie hatten gar keine Möglichkeit dazu.“ Für jeden liege bezogen auf sein Einsatzland ein Freistellungsbescheid des für die GIZ zuständigen Finanzamtes vor. Im vergangenen Jahr war immer deutlichere Kritik laut geworden, nachdem auch ein ehemaliger GIZler die Praxis öffentlich gemacht und Dietmar Gosch, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof, die Abschaffung der „Keinmalbesteuerung“ gefordert hatte. Bund und Länder haben sich deshalb darauf verständigt, dass auch die Gehälter der Auslandsbeschäftigten ab 2014 der Lohnsteuer unterliegen.

Möglich sind dadurch auch etwaige Steuernachforderungen. Entscheiden müssten die jeweils zuständigen Finanzämter, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. Im Einzelfall könnte es um fünf- oder gar sechsstellige Summen gehen. Die GIZ zahlt in der höchsten Tarifstufe nach Angaben von Verdi Bruttogehälter von etwa 7000 Euro.

Nun ermittelt offenbar sogar die Staatsanwaltschaft gegen Manager des Unternehmens wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. In Eschborn weiß man von einem Verfahren, aber angeblich nichts von dessen Inhalt. Doris Möller-Scheu, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft, verneint eine Auskunft mit Verweis auf das Steuergeheimnis.

Nicht betroffen von der Debatte sind die etwa 900 klassischen Entwicklungshelfer, die die GIZ auch einsetzt. Sie beziehen Unterhaltungsgeld und Zulagen, verdienen aber insgesamt deutlich weniger als entsandte Auslandsmitarbeiter. So kommt etwa ein verheirateter Entwicklungshelfer in Burkina Faso auf rund 3000 Euro monatlich. Rolf Obertreis

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