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Die Hände zum Himmel. Gut 400 000 Musikfans, viele davon Touristen, besuchen jedes Jahr das Festival „Haltestelle Woodstock“ im polnischen Kostrzyn.

© picture-alliance/ dpa

Tourismus: Polen lockt die Massen

Polen ist Partnerland der diesjährigen ITB. Und bald könnte Warschau Berlin Konkurrenz machen: Tourismusmanager kopieren dort das Berlin-Image und laden junge Gäste zum Feiern und Shoppen ein.

Berlins Tourismus-Marketing-Strategen müssen wohl hoffen, dass der Auftritt Polens auf der Tourismusmesse ITB ein Flop wird. Denn das diesjährige Partnerland versucht offenbar, jene Zielgruppe anzusprechen, die sich bislang für die deutsche Hauptstadt als Ziel interessiert: Junge Erwachsene aus Europa, die auf der Suche nach einer guten Party und günstigen Läden sind. Am besten in einem Umfeld, das noch einen Hauch – aber bitteschön nicht zu viel – Ostblock-Charme hat. Auch Warschau, Krakau, Danzig und Posen bieten das.

Das polnische Fremdenverkehrsamt stellte am Mittwoch in Berlin einen Imagefilm vor, mit dem sich das Land ab 9. März auf der ITB und später auch in Frankreich und Großbritannien präsentieren will – den Ländern, aus denen nach Deutschland bisher die meisten Touristen kamen. Der Film zeigt junge Leute mit riesigen Sonnenbrillen und Bier in der Hand, tanzend in der Abendsonne, als sei er im Juli irgendwo zwischen Mauerpark und Alex aufgenommen worden.

Doch Polens Touristiker zielen nicht nur auf trinkende Easy-Jet-Passagiere aus Bordeaux oder Birmingham: Der Film zeigt auch einen Mann mit gräulichem Haaransatz im Anzug, der in einer Pferdekutsche über Kopfsteinpflaster durch Altstadtgassen irrt auf der Suche nach seiner Dame. Romantiker gesucht.

Polen will zudem gezielt Jazz- und Klassik-Freunde auf Festivals locken und Fußball-Fans zur Europameisterschaft 2012. Der in Polen seit Jahren als Star gefeierte Kabarettist und Buchautor Steffen Möller, der beide Länder sehr gut kennt, sagte gestern nach der Präsentation ketzerisch: „In Polen ist alles billiger, aber genauso gut“. Berliner Touristen empfahl er konkret zum Beispiel einen Besuch des Einkaufszentrums „Stary Browar“ in einer ehemaligen Großbrauerei Poznan, nur drei Autostunden von Berlin entfernt. „Da kann man sehen, wie das Shopping-Erlebnis der Zukunft aussieht – und nicht im Alexa“. Zur Fußball-EM rechnet das Land mit mindestens 150 000 deutschen Fans allein in den Stadien. „Das wird die größte deutsche Invasion seit ... langer Zeit“, sagte er und erntete kräftiges Lachen auch von den vielen eigens zur ITB-Vorschau angereisten Journalisten aus Polen.

Rund 4,5 Millionen Deutsche haben im vergangenen Jahr Polen besucht. Und sie trauen sich, anders als noch vor zehn oder fünf Jahren, weiter als nur bis Trödelmarkt und Tankstelle hinter der Grenze oder zur Ahnensuche nach Schlesien. Die Ostseeküste, Masuren, das Riesengebirge sind etablierte Ziele, die eine mit Westeuropa absolut vergleichbare touristische Infrastruktur bieten. Polen präsentiert sich auf der ITB auf 1600 Quadratmetern Fläche in Halle 15.1.

Die Messe Berlin teilte bei der Gelegenheit mit, dass die Messefläche wie in den Vorjahren komplett ausgebucht ist. Rund 11 000 Unternehmen aus mehr als 180 Ländern und Regionen präsentieren sich am Gelände unterm Funkturm. In diesem Jahr gibt es etwas mehr Aussteller aus Asien und Osteuropa. Und auch Ägypten, das gerade einen politischen Umsturz erlebt, wird vertreten sein. „Hier ist unser Kontakt zum Tourismusministerium auch während der Unruhen nie abgerissen“, sagte ITB-Leiter David Ruetz.

Ansonsten setzt die ITB auf Bewährtes aber wenig Überraschung: Die erwarteten 170 000 Besucher können auf eine kulinarische Tour gehen oder der obligatorische Mariachi-Band aus Mexiko lauschen. Als Stargast bei der Eröffnungsfeier am Abend des 8. März wird der in Deutschland wohl bekannteste lebende Pole erwartet: der ehemalige Gewerkschaftsführer, Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa.

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