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Wirtschaft: Treffpunkt Tagesspiegel: Ein Hauch von orientalischem Basar

Das Rabattgesetz ist tot - wird der Handel zum Basar? Die Bandbreite der Meinugen reicht von "Hoffentlich nicht" bis "Ein bisschen mehr Basar täte uns gut", wie die Diskussionsveranstaltung "Treffpunkt Tagesspiegel" zum Thema am Donnerstagabend im Hotel Intercontinental zeigte.

Das Rabattgesetz ist tot - wird der Handel zum Basar? Die Bandbreite der Meinugen reicht von "Hoffentlich nicht" bis "Ein bisschen mehr Basar täte uns gut", wie die Diskussionsveranstaltung "Treffpunkt Tagesspiegel" zum Thema am Donnerstagabend im Hotel Intercontinental zeigte. Moderator George Turner vermittelte zwischen Podium und Publikum. In diesem Sommer soll das mehr als 70 Jahre alte Gesetz nach dem Willen der Bundesregierung endgültig zu Fall gebracht werden, das Händlern verbietet, den Kunden mehr als drei Prozent Vergünstigung zu gewähren. Auch die Zugabeverordnung entfällt: "Extras", die beim Kauf mitgeliefert werden, dürfen bislang nur einen geringen Wert haben.

Reiner Münker, Hauptgeschäftsführer der Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs,verwies auf Chancen und Risiken, die sich dem Einzelhandel in Zukunft bieten. Einerseits ließen sich durch attraktive Zugaben und Rabattsysteme Kunden binden. Andererseits werde dadurch der wahre Preis des gekauften Produktes verschleiert: Der Käufer könne nicht mehr einfach entscheiden, welcher Anbieter ein Produkt zum günstigsten Preis-Leistungs-Verhältnis anbiete, wenn darin Zugaben von unbestimmtem Wert enthalten seien. Ein zweiter Punkt, den Münker zu bedenken gab: Große Händler seien eher in der Lage, mit ihren Lieferanten Vergünstigungen auszuhandeln, die sie dann an ihre Kunden weitergeben könnten; und Warenhausketten könnten auch attraktivere Bonussysteme anbieten als kleine Fachgeschäfte. Stefan Schneider vom deutschen Einzelhandelsverband teilte diese Bedenken. "Wir fordern von der Politik, Art, Ausmaß und Wert der Vergünstigungen zu begrenzen." Zwar seien Reformen beim Rabattgesetz notwendig, aber die ersatzlose Aufhebung der Zugabeverordnung sei der falsche Weg. "Bildlich gesprochen: Wir begrüßen den Ausbau einer kleinen Gasse zur Autobahn, aber diese Autobahn muss wenigstens noch Leitplanken haben", sagte Schäfer. Es ginge nicht an, dass Händler mit breitem Warensortiment Produkte beliebig koppeln könnten und "mit dem Auto ein Orientteppich geliefert wird."

Roland Schwerdtfeger, Verkaufsdirektor bei der Kaufhof Warenhaus AG, widersprach und verwies auf das Ausland: "Fast nirgendwo gibt es ein Rabattgesetz und eine Zugabenverordnung, und trotzdem geht es nicht zu wie auf dem Basar." Der Kunde von heute sei gut informiert und lasse sich nicht einfach täuschen - weder von fiktiven "Mondpreisen", auf die nur scheinbar hohe Rabatte gewährt werden, noch von wertlosen Zugaben. Schwerdtfeger gab zu, dass Ketten wie der Kaufhof bei Bonussystemen vermutlich im Vorteil gegenüber dem Fachhandel seien. Dieser habe dafür ganz andere Möglichkeiten zur Kundenbindung: "Der kleine Händler kann viel schneller und flexibler auf Kundenwünsche reagieren als wir."

Auch Rainer Hank, Leiter der Tagesspiegel-Wirtschaftsredaktion, begrüßte die ersatzlose Streichung des Gesetzes. Preise sollten durch weitgehend unbeschränkten Wettbewerb ausgehandelt werden. Hank: "Das Rabattgesetz ist ein alter Zopf, Verbraucher werden dadurch für unmündig erklärt." Peter Weinberg, Professor für Konsumforschung an der Universität Saarland, glättete die Wogen: "Der deutsche Kunde wird ohnehin nie eine echte Basarmentalität entwickeln". Ein Schnäppchen ab und zu bei hochpreisigen Waren könne ihn allerdings regelrecht glücklich machen: "Das vermittelt ihm ein Einkaufserlebnis, das tut dem Kunden einfach gut."

Sonja Niemann

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