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Wirtschaft: Trends im Direkt- und Onlinebanking (1): Stau auf der Datenautobahn zum Konto

"Ich bin drin!", freut sich Boris Becker in einem TV-Spot.

"Ich bin drin!", freut sich Boris Becker in einem TV-Spot. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus, jedenfalls für die Millionen Nutzer von Online-Konten. Meldungen über verstopfte Server, Staus auf der monetären Datenautobahn und sogar über dauerbesetzte Telefonleitungen häufen sich. Jeder Internet-Surfer kennt sie, die Staus auf der Datenautobahn. Die Gründe bleiben meist im Verborgenen: unerfindliche Softwarefehler, Liebes-Viren, ein überlasteter Server beim angewählten Unternehmen oder einfach nur das verstopfte Netz der Telekom, alles scheint möglich. Das selbst Computer nicht unfehlbar sind, bewies die Deutsche Bank im Dezember des vergangenen Jahres. Gravierende Computerfehler legten das Datenverarbeitungssystem der Großbank lahm.

In der jüngster Zeit häufen sich die Klagen. Die Direktbanken wachsen rasant. Das zeitweise dramatische Auf und Ab der Börsenkurse ließ obendrein die Online-Umsätze boomen, dazu kamen Neuemissionen und mehrere Kurs-Krisen am Neuen Markt. Solche Spitzenlasten überfordern manches Banksystem und viele Kundenwünsche blieben unerfüllt. "Leitungen waren vielfach stundenlang besetzt und Aufträge wurden verspätet oder überhaupt nicht ausgeführt", berichten Verbraucherschützer. So soll es bei der Deutschen Bank 24 öfters geheißen haben, dass "aus technischen Gründen ihr Login nicht durchgeführt werden konnte". Ein genervter Kunde habe 90 Minuten benötigt, um seine fünfzehn Orders loszuwerden, und auch bei Comdirekt seien die Internetzugänge zeitweilig verstopft gewesen.

Was zunächst nur lästig erscheint, kann teuer zu stehen kommen. Als Finanzminister Hans Eichel kurz vor dem letztjährigen Heiligabend sein Weihnachtsgeschenk für die deutsche Wirtschaft ausgepackt hatte, er wolle den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen künftig steuerfrei stellen, schossen plötzlich selbst Börsen-Ladenhüter ein Kursfeuerwerk ab. So stieg der Kurs der Münchner Rück innerhalb von wenigen Handelsstunden um rund 20 Prozent. Wer währenddessen zeitweilig im Internet festsaß, kam zu spät, und wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich der Börsenkurs.

Die kritisierten Geldhäuser widersprechen. "Es gibt generell kein Problem, selbst in Spitzenzeiten nicht", beteuert die Deutschen Bank 24. Ihr Internetangebot gilt unter Experten als eines der Besten. Die Server der Deutschen Bank seien großzügig ausgelegt und auch per Telefon sei die Kundschaft schnell drin. Immerhin betreibe die Deutsche Bank drei Call-Center, und diese würden sich während der Hauptverkehrszeit gegenseitig aushelfen. Ein Restproblem gesteht der Finanzriese jedoch zu: "Wir können nie ganz ausschließen, dass im Einzelfall Kunden einmal nicht durchkommen."

Staus im Internetbanking sind jedoch offenkundig häufiger, als die Branche schon aus juristischen Gründen eingestehen mag. Die Beschwerden von Kunden haben sich gehäuft, heißt es aus dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel. So schickte das Frankfurter Amt im Februar ein mahnendes Schreiben in der Branche herum. Im März fand ein Treffen statt, die Banken gelobten Besserung. Das Wertpapierhandelsgesetz verpflichtet sie nämlich zu einer ordnungsgemäßen Abwicklung, eine Direktbank müsse so organisiert sein, dass "die Interessen seiner Kunden stets gewahrt bleiben". Dies kann nur heißen, dass jederzeit der Kauf oder Verkauf von Wertpapieren möglich ist.

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) empfiehlt, vor dem Abschluss eines Vertrages unbedingt die Haftungsbedingungen zu prüfen. Ist erst einmal das Kind in den Finanzbrunnen gefallen, sollte unverzüglich die lahmende Bank benachrichtigt werden. Zeigt diese sich wenig kulant, sollte der nächste Weg in eine Verbraucherzentrale führen. Zudem ist eine Beschwerde beim Ombudsmann möglich.

Ein juristischer Präzedenzfall von bundesweiter Wirkung fehlt zwar noch, aber es spricht einiges dafür, dass eine Direktbank Schadensersatz zahlen muss, wenn ihre Zugangswege verstopft sind. Schließlich werben die meisten Direktbanken mit sekundenschnellen Transaktionen - und nicht mit stundenlangen Wartezeiten. Voraussetzung für eine erfolgreiche Beschwerde ist ein Nachweis, dass die Internet-Wege zur Bank mindestens eine Stunde lang unzugänglich waren. "Der Kunde hat eine gute Chance, wenn er klagt", sagt Rainer Metz von der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen. Dafür spricht auch ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen: 14 O 9971/98). Eine fehlerhafte Software hatte zu Ausführungsproblemen geführt. Dafür haftet die Bank, stellen die Richter fest.

Hermannus Pfeiffer

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