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Wirtschaft: Trittin droht mit Pfand auf Saft und Wein

Umweltminister fordert von Union Zustimmung zu Verpackungsnovelle – CDU nennt ihn „ideologisch verbohrt“

Berlin (msh). Zwischen dem Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und der Opposition ist ein offener Streit um die Novelle der Verpackungsordnung ausgebrochen. Wenn die Ministerpräsidenten Stoiber, Teufel und Koch ihre „Blockadehaltung“ im Bundesrat nicht aufgäben, drohe ein Pflichtpfand für Saftkartons und sogar Wein, sagte Trittin. Die Union wies die Vorwürfe zurück. „Trittins Kompromisslosigkeit ist unverantwortlich“, sagte der CDUUmweltpolitiker Peter Paziorek dem Tagesspiegel. Der Umweltminister habe sämtliche Vorschläge der Union abgelehnt und sei nicht mehr verhandlungsbereit.

Die geplante Änderung der Verpackungsverordnung sieht sowohl eine Ausweitung als auch eine Vereinfachung des seit Januar 2003 geltenden Pflichtpfandes für Einwegverpackungen vor. Nach den Plänen Trittins soll das Pfand auf Säfte, Biermischgetränke und Alcopops ausgedehnt werden. Gleichzeitig soll die Novelle Ausnahmen von der Pfandpflicht für die als umweltfreundlich geltenden Kartonverpackungen und für Wein festschreiben. Der Gesetzentwurf war im Herbst des vergangenen Jahres vom Bundesrat abgelehnt worden. Die Länderkammer wird von der Union dominiert.

„Solange die Bundesländer der Novelle nicht zustimmen, gilt weiter das alte Recht aus Zeiten der Umweltminister Töpfer und Merkel“, sagte Trittin. Danach wird die Pfandpflicht für Saft und Wein eingeführt, wenn eine bestimmte Mehrwegquote unterschritten wird. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe ist die Mehrwegquote insbesondere für Saft deutlich unter die entscheidende Marke gesunken. „Bei Wein steht die Quote noch auf der Kippe“, sagte Jürgen Resch, Sprecher der Umwelthilfe. Die offiziellen Zahlen werden in einem komplizierten Verfahren ermittelt und vom Umweltministerium voraussichtlich im Mai veröffentlicht. Ein halbes Jahr später tritt die Pfandpflicht in Kraft.

Die unionsregierten Länder argumentieren, im Bundesrat einen Kompromiss angestrebt zu haben. „Unser Ziel war es dabei, die Pfandpflicht für Fruchtsäfte zu verhindern“, sagte Hans Höppner, Sprecher des Umweltministeriums Baden-Württemberg, dem Tagesspiegel. Neben der Ausnahme für Säfte forderte die Union im Rahmen der Gesetzesänderung die Einführung einer Innovationsklausel. Die Klausel sieht vor, als umweltfreundlich geltende Verpackungen von der Pfandpflicht zu befreien. Das Umweltministerium fürchtete aber, damit könnte das Pfand unterlaufen werden und lehnte den Vorstoß der Länder im Dezember ab. Seitdem liegt die Novelle der Verpackungsverordnung auf Eis.

„Der Umweltminister hinterlässt mit dieser kompromisslosen Haltung nur verbrannte Erde“, sagte der CDU-Abgeordnete Paziorek. Trittin sei „ideologisch verbohrt“. Die Union arbeite daher weiter an einer alternativen Abgabenlösung, die das Pflichtpfand komplett ersetzen könnte. „Wir stehen aber zu den Vorschlägen, die wir im Bundesrat gemacht haben.“ Unsicherheit in der Frage des Dosenpfands birgt noch ein Vertragsverletzungsverfahren, dass die EU-Kommission gegen die Bundesregierung eingeleitet hat. Brüssel bemängelt, dass es kein bundesweit einheitliches Rücknahmesystem für die Einwegverpackungen gibt. Mit einer Entscheidung der EU-Kommission wird im März gerechnet.

Das Dosenpfand hat inzwischen zu einer Umstrukturierung in der deutschen Getränkewirtschaft geführt. Bei Brauereien mit einem hohen Dosenanteil wie Holsten sind im vergangenen Jahr die Umsätze eingebrochen, weil die Kunden auf Mehrwegflaschen oder PET-Plastikflaschen umgestiegen sind. Die Holsten-Tochter Feldschlößchen kündigte am Montag an, sieben Millionen Euro in eine neue Anlage zur Herstellung von PET-Flaschen zu investieren. Nach einer Befragung der Deutschen Umwelthilfe unter 174 Getränkefirmen hat die Einführung des Pflichtpfandes in Handel und Industrie hochgerechnet 13 000 neue Jobs geschaffen. Die Umwelthilfe setzt sich aktiv für das Einwegpfand ein.

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