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Trotz Finanzkrise: Heuschrecken krabbeln zurück auf den Markt

Auch in der Krise machen die Heuschrecken Geschäfte. Der belgische Investor RHJ steht möglicherweise kurz vor einer Beteiligung beim Autobauer Opel und auch andere finden Unternehmen zum Investieren. Seit Beginn der Krise dürfen sie sich aber keine auffälligen Sprünge mehr leisten.

In deutschen Traditionsunternehmen ist man auf Heuschrecken nicht gut zu sprechen. Ob Hertie, Märklin oder Pfaff – einige Firmen in der Hand von Private-Equity-Fonds mussten in der Krise den Gang zum Insolvenzrichter antreten. Skrupellos, gierig, nur auf den kurzfristigen Erfolg aus. So lauten die gängigen Vorwürfe gegen die Finanzinvestoren.

Wer nun dachte, in der Krise machen Heuschrecken keine Geschäfte, sieht sich getäuscht. Der belgische Investor RHJ steht möglicherweise kurz vor einer Beteiligung beim Autobauer Opel. Der US-Investor Apollo steigt ab Montag über eine Kapitalerhöhung beim Chiphersteller Infineon ein. Auch bei kleineren Firmen sind Finanzinvestoren gefragt. Beim insolventen Wäschehersteller Schiesser wollen nach Angaben des Insolvenzverwalters mehrere Private-Equity-Firmen ein Übernahmeangebot vorlegen. „Der Bedarf an Beteiligungskapital ist größer als je zuvor“, sagt Albert Wahl, Vorstand des Finanzinvestors GCI, einst Eigentümer des Nähmaschinenherstellers Pfaff.

Schuld daran sind die Banken, die nur zurückhaltend Kredite vergeben. Dadurch ergeben sich immer größere Finanzierungslücken bei den Unternehmen und damit Chancen für Finanzinvestoren, wie ein Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) bestätigt. Auch an Geld scheint es nicht zu mangeln. Laut BVK hat die Branche vor allem in den Jahren 2006 und 2007 ausreichende Mittel eingenommen, um heute investieren zu können. Dazu kommt: „Viele Firmen sind so billig zu haben wie selten“, sagt Alexandra Krieger, Finanzexpertin der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Doch die Krise hat das Geschäft der Heuschrecken verändert. Auch das liegt an den zurückhaltenden Banken. Vor der Krise galt das Prinzip „Leveraged Buy Out“. Dabei finanziert ein Private-Equity-Fonds den Erwerb eines Unternehmens nur zu geringem Teil mit eigenen Mitteln und mehrheitlich auf Kredit, der dem Unternehmen später als Schulden aufgebürdet wird. Das hat aus Sicht der Investoren zwei entscheidende Vorteile: Je mehr Fremdkapital, desto höher die Rendite auf die eigene Beteiligung. Und je geringer der eigene Anteil an einer Firma, desto geringer das Risiko. Das geht heute nicht mehr. „Leveraged Buy Out ist mausetot“, sagt Albert Wahl.

Um heute Geschäfte abzuschließen, müssen die Investoren viel tiefer in die eigene Tasche greifen. Vor der Krise war es keine Ausnahme, 70 Prozent eines Deals mit Fremdkapital zu finanzieren. Heute sind Wahl zufolge noch höchstens 15 bis 20 Prozent möglich. Der Einstieg bei Infineon folgt dieser Logik. Dem „Handelsblatt“ zufolge finanziert Apollo den Deal sogar ganz ohne Kredite. Auch RHJ passt ins Bild. Von den ursprünglich vier Interessenten für Opel soll der Finanzinvestor das Angebot mit dem meisten Eigenkapital vorgelegt haben.

Durch die Krise ist das Geschäft von Heuschrecken weniger attraktiv geworden. Nach einer Studie von Ernst & Young sank die Zahl der Investitionen von Private-Equity-Fonds in Deutschland von 80 im zweiten Halbjahr 2008 auf 54 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Die Rendite ist gesunken und das Ausfallrisiko durch Insolvenzen nach wie vor hoch. „Das Gros der Branche hält sich noch mit Geschäften zurück“, sagt Albert Wahl.

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