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Wirtschaft: Trübe Herbstbilanzen der Großbanken

Kreditausfälle und Börsenflaute hinterlassen tiefe Spuren – für das dritte Quartal drohen schwere Verluste

Frankfurt (Main) (po/pot/HB/dpa). Inmitten der schwersten Bankenkrise will die HypoVereinsbank in dieser Woche einen Nachfolger für Konzernchef Albrecht Schmidt bestimmen. Der Vorstand werde sich aller Voraussicht nach am Dienstag mit der Nachfolgefrage beschäftigen, hieß es am Wochenende in Finanzkreisen. Einen Tag später solle die Entscheidung nach einer Aufsichtsratssitzung bekannt gegeben werden. Als Favorit gilt inzwischen eindeutig Firmenkunden-Vorstand Dieter Rampl.

Zugleich will das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut am Mittwoch als erste der Großbanken die Zahlen für das dritte Quartal vorlegen. Die Deutsche Bank folgt am 31. Oktober, die Commerzbank berichtet am 12. November. Die Experten erwarten nichts Gutes. „Alle Großbanken werden im operativen Geschäft rote Zahlen schreiben", befürchtet etwa Konrad Becker, Bankenexperte bei Merck Finck & Co.

Schon das erste Halbjahr war für die Geldbranche alles andere als berauschend. Die Hypo-Vereinsbank (HVB) etwa war im zweiten Quartal erstmals in ihrer Geschichte operativ ins Minus gerutscht. Seitdem hat sich das Umfeld weiter verschlechtert. Der Kurseinbruch an den Börsen hat sich verschärft, die Hoffnungen auf eine Konjunkturbelebung haben sich verflüchtigt. Folge: Die Einnahmen der Banken fallen und die Kreditausfälle steigen.

„Der Druck auf die Risikovorsorge bleibt bestehen", glaubt Gerry Rawcliffe, Managing Director bei Fitch Rating in London. Die Commerzbank hat angekündigt, dass sie in diesem Jahr ihre Risikovorsorge von den angepeilten 1,1 auf 1,3 Milliarden Euro aufstocken muss. Jetzt dürfte die HVB an der Reihe sein. Die Bayern, die das größte Kreditportfolio aller europäischen Banken haben, kalkulierten bisher mit Wertberichtigungen von 2,5 Milliarden Euro für 2002. Wegen der Konjunkturflaute und der Pleitewelle ist dies wohl nicht mehr zu halten. Analysten rechnen damit, dass Vorstandschef Albrecht Schmidt die Schätzung am Mittwoch auf bis zu drei Milliarden Euro erhöhen wird. Metehan Sen, Bankenanalyst bei Sal. Oppenheim, rechnet sogar mit einem Betrag von 3,2 Milliarden Euro, von denen rund eine Milliarde im dritten Quartal fällig werde. Das operative Quartals-Minus siedelt er bei 570 Millionen Euro an.

Etwas anders liegen die Probleme bei der Deutschen Bank. Wegen des relativ geringen Kreditbestands ist die Risikovorsorge beim Branchenprimus nicht die größte Sorge. Ins Kontor dürfte eher die Schwäche der Kapitalmärkte schlagen, die die Deutsche wegen ihrer Fokussierung auf das Investmentbanking besonders spürt. „Die schlechten Zahlen von Merrill Lynch und JP Morgan Chase lassen nichts Gutes erwarten", meint Becker. Zweiter Knackpunkt sind die direkten Unternehmensbeteiligungen im Private Equity. Wegen des Kursverfall wird es immer schwerer, Beteiligungen zu guten Preisen an die Börse zu bringen. Becker erwartet Wertberichtigungen von 450 Millionen Euro.

Die Flaute an den Kapitalmärkten drückt freilich nicht nur die Einnahmen der Großbanken. Zugleich schmelzen auch die stillen Reserven dahin. Nach Berechnungen von MM Warburg haben Commerzbank und HVB ihr Polster völlig aufgezehrt: Sie haben sogar potenzielle Verluste von 2,1 Milliarden Euro (Commerzbank) beziehungsweise 187 Millionen Euro (HVB) in den Büchern. Bei der Deutschen ist es nicht ganz so schlimm. Sie verfügt noch über stille Reserven, doch auch deren Wert ist laut MM Warburg von 4,5 Milliarden im ersten Halbjahr auf nur noch 1,6 Milliarden Euro geschrumpft.

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