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Wirtschaft: Überlebenskampf von Intershop spitzt sich zu

Der angeschlagene Software-Hersteller Intershop aus Jena rutscht immer tiefer in die Krise. Nach einem dreistelligen Millionenverlust im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen am Dienstag an, die weltweite Mitarbeiterzahl von derzeit 733 auf 500 zu reduzieren.

Der angeschlagene Software-Hersteller Intershop aus Jena rutscht immer tiefer in die Krise. Nach einem dreistelligen Millionenverlust im vergangenen Jahr kündigte das Unternehmen am Dienstag an, die weltweite Mitarbeiterzahl von derzeit 733 auf 500 zu reduzieren. Der Nettoverlust hat sich im vergangenen Jahr bei rückläufigen Umsätzen im Vergleich zu 2000 verdreifacht: Er ist auf 131,8 Millionen Euro von 38,9 im Jahr 2000 gestiegen. "Das Jahr 2001 war das schwierigste Jahr in der Geschichte von Intershop", sagte Vorstandschef und Firmengründer Stephan Schambach. Der Kurs der Aktie fiel nach Bekanntgabe der Zahlen um rund zehn Prozent auf 1,37 Euro.

Das 1992 gegründete Unternehmen, das E-Commerce-Lösungen entwickelt, hat sich seit dem Einbruch des Neuen Marktes im Jahr 2000 nicht mehr erholt. Die sinkenden IT-Investitionen machten Intershop zu schaffen, zudem ging die teure Expansionsstrategie in den USA und Asien nicht auf.

"Im vierten Quartal haben die Konjunkturflaute und der Sparkurs bei innovativen Softwareprojekten unseren Umsatz besonders stark beeinflusst", erklärte Dirk Reiche, stellvertretender Finanzvorstand von Intershop. Für diesen Zeitraum habe der Umsatz 11,7 Millionen Euro betragen, im dritten Quartal seien es 14,7 Millionen gewesen. Im Gesamtjahr habe sich der Umsatz auf 68,7 Millionen Euro belaufen, im Jahr 2000 seien es noch 123 Millionen gewesen. Der Nettoverlust im dritten Quartal betrug 24,7 Millionen Euro nach 32,1 Millionen Euro im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Trotz der wenig ermutigenden Zahlen gibt sich das Unternehmen optimistisch: "Wir werden noch in diesem Jahr die Profitabilität auf Quartalsbasis erreichen", prophezeit Reiche. Dazu will Intershop weiter Kosten sparen. Im vierten Quartal sei der Barmittelverbrauch bereits weiter gesenkt worden. Intershop hat in diesem Zeitraum 8,9 Millionen Euro verbrannt, nach 10,4 Millionen Euro im dritten Quartal 2001. Die Gesamtsumme der liquiden Mittel habe sich zum Ende des Geschäftsjahres auf 36,3 Millionen Euro nach 45,2 Millionen Euro zum 30. September 2001 belaufen. "Das reicht aus, um das laufende Jahr zu überleben und schwarze Zahlen zu schreiben."

Zudem solle der Umsatz mit einer "aggressiven Vertriebsstrategie" gesteigert werden. Intershop wolle sich nunmehr auf seine international operierenden Großkunden in den Bereichen High Tech und Retail konzentrieren, so Reiche. "Wir wollen unsere bestehende Kundenbasis mehr von den Vorteilen unserer Software überzeugen und mit ihr unseren Umsatz erhöhen", erklärte der Finanzvorstand. Außerdem wolle Intershop indirekte Partner-Vertriebskanäle intensiver nutzen.

Teil der neuen Unternehmensausrichtung ist auch eine neue Führungsstruktur. Das Software-Haus streicht dazu zwei Management-Ebenen. Der zweite Vorstandsposten, den bis vor kurzem Intershop-Mitgründer Wilfried Beeck besetzt hatte, entfällt nach dem Willen Schambachs ersatzlos. Das Unternehmen hatte bereits am Freitag das Ausscheiden von Beeck und Europachef Michael Tsifidaris bekannt gegeben.

Analysten sehen die Zukunft des Software-Unternehmens pessimistisch. "Es ist nicht sicher, dass Intershop dieses Jahr überstehen wird", sagt Uwe Jech von der Berliner Bankgesellschaft. Das Hauptproblem seien die geringen liquiden Mittel. Die vielen negativen Nachrichten über das Unternehmen würden zudem Kunden abschrecken. Die Aktie bleibe auf "Verkaufen" eingestuft. Auch bei Consors Capital Bank ist man skeptisch. "Die neuen Entlassungen sind ein belastender Kostenfaktor", sagt Natalia Lenz. Die Verringerung des Personalbestandes wirke sich auch zu Ungunsten von Forschung und Entwicklung aus. Auch bei Consors steht der Wert auf "Verkaufen".

fw

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