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Übernahmepoker: MAN-Chef Samuelsson in der Defensive

Im Milliardenpoker um den schwedischen Lastwagenbauer Scania könnte MAN-Chef Chef Hakan Samuelsson zur tragischen Figur werden. Wendet sich das Blatt und MAN wird übernommen droht ihm die Entmachtung.

München - Jahrelang war in der europäischen Nutzfahrzeugebranche über die notwendige Konsolidierung nur geredet worden, bis der Schwede mit dem Übernahmeangebot für Scania die Initiative ergriff. Doch im Moment steckt die Offerte fest, und vor allem im Umfeld Scanias wird kräftig gegen Samuelsson ausgeteilt. Laut Branchenkreisen erwägt nun Volkswagen, auf eine Ablösung Samuelssons zu drängen, falls nur so noch auf friedlichem Weg eine europäische Lastwagenallianz zu erreichen sein sollte.

Zumindest in München ist Samuelsson unumstritten. Der sympathische Schwede fokussierte den einstigen Mischkonzern auf das Nutzfahrzeugegeschäft und den Motorenbau und trieb Gewinn und Aktienkurs in ungeahnte Höhen. Mit seiner umgänglichen Art setzte er auch härtere Einschnitte weitgehend lautlos durch. "Das ist eine extrem angenehme Zusammenarbeit", sagt ein Vorstandskollege. Samuelsson sitze unprätentiös mit dem Rest der Führungsspitze im Großraumbüro zusammen und sei auch in der Werkskantine häufig gesehener Gast. Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer preist die Beschäftigungssicherung bis 2012 für das Münchner MAN-Werk, auf die man sich mit der MAN-Spitze einigte, als vorbildlich an. Auch der MAN-Betriebsrat stellte sich jetzt demonstrativ hinter Samuelsson.

Schwedens Industrie-Ikone in Gefahr

Dennoch gibt es in Schweden teils erbitterten Widerstand gegen Samuelsson. Zwar betont der MAN-Chef: "Wir wollen keine Eroberer sein." Doch in Schweden sehen viele die Unabhängigkeit ihrer Industrie-Ikone in Gefahr. Scania-Chef Leif Östling ritt wüste Attacken gegen seinen Landsmann, der früher auch bei Scania aktiv war. Die Angriffe aus Schweden gipfelten in einem "Blitzkrieg"- Vergleich von Östling. Die Scania-Belegschaft wurde gegen die Übernahmeofferte mobilisiert. Auch wenn sich Samuelsson demonstrativ zurückhielt und persönliche Angriffe vermied, ist nicht auszuschließen, dass Scania einen neuen Chef für den Fall eines friedlichen Zusammengehens fordert.

Volkswagen ist sehr an einer Lösung interessiert. Zum einen besitzen die Wolfsburger Aktienpakete an beiden Unternehmen, die bei einem Scheitern der Übernahme kräftig an Wert verlieren könnten. Zudem will VW gern seine brasilianischen Nutzfahrzeugegeschäft in einen neuen Lastwagenkonzern einbringen. Dieses Projekt ist nun in Gefahr.

Übernahme nicht gut abgesprochen

Doch VW hält bei MAN nur eine Minderheitsbeteiligung. "Es ist ein Unding, wie hier ein Aktionär mit 20 Prozent der Anteile versucht, einen erfolgreichen Vorstandsvorsitzenden madig zu machen", wird im Umfeld von MAN geklagt. Ein Sturz Samuelssons wäre schwer durchsetzbar. Laut "Spiegel" will VW zwei Vertreter in den MAN-Aufsichtsrat entsenden. Doch selbst dann dürfte es nicht einfach werden, im 20-köpfigen Kontrollgremium eine Mehrheit gegen Samuelsson zu mobilisieren, falls dieser angesichts des Drucks nicht von selbst gehen sollte, um den Weg für einen Zusammenschluss freizumachen.

Allerdings dürfte Samuelsson bei einem Scheitern der Übernahme unter Druck geraten. Denn nach der Verkündung der spektakulären 10,3-Milliarden-Euro-Offerte verlor Samuelsson rasch die Initiative. "Sein Hauptfehler war, dass der Übernahmeversuch nicht ausreichend mit den Scania-Großaktionären abgesprochen war", sagt ein Branchenexperte. Samuelsson habe - getrieben durch Indiskretionen aus Schweden - die Pläne früher als geplant veröffentlichen müssen. Dadurch sei der Schwung schnell dahin gewesen. Zwar will Samuelsson bei einem Scheitern der Offerte weitermachen. "Das ist nicht meine persönliche Schnapsidee." Angeschlagen wäre er aber allemal. (Von Axel Höpner, dpa)

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