zum Hauptinhalt
In Berlin brauchen viele Kinder Betreuung, weil ihre Eltern im Schichtdienst arbeiten.

© imago stock&people

Umfrage von Kammern und Senat: Wie familienfreundlich sind Berlins Betriebe?

Der Berliner Senat und die Kammern wollen wissen, wie Unternehmen für Kinderbetreuung sorgen. Betroffene Eltern werden vorerst nicht gefragt.

Ein Holzschiff mit Kajüte bis unter die Zimmerdecke und ein gut gesicherter Außenbereich mit Sandkasten und Sonnensegel direkt an der Spree: Wer die lichtdurchfluteten, bunt und freundlich gestalteten Räume der Kita „Spreeklang“ an der Stralauer Allee (Friedrichshain) betritt, möchte sofort wieder Kind sein. Der Betriebskindergarten von Universal Music Deutschland liefert an diesem Donnerstagmorgen die Kulisse für den Start eines neuen Gemeinschaftsprojekts der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie der hiesigen Handwerkskammer: Die drei Institutionen wollen mithilfe einer flächendeckenden Umfrage in Berliner Unternehmen herausfinden, was Betriebe Mitarbeitern von noch nicht schulpflichtigen Kindern bieten, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.

Für Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist das Projekt nicht nur explizit eine „Herzensangelegenheit“ – sondern auch ein Thema, das die Zukunft der Stadt und ihrer arbeitenden Bevölkerung in den Blick nimmt. Mit der Umfrage wolle man gezielt untersuchen, welche Art der Kinderbetreuung die Beschäftigten verschiedener Branchen benötigten und wie bereits existierende Angebote der öffentlichen Hand weiterentwickelt werden könnten. „Berlin wächst, und viele Familien ziehen her, um hier zu arbeiten“, sagt Scheeres. Allerdings gingen viele von ihnen nicht nur tagsüber und an Werktagen ihrem Beruf nach, sondern arbeiteten auch im Schichtdienst, frühmorgens, in der Nacht oder am Wochenende. Wer Nachwuchs habe und berufstätig sei, brauche also auch an den Randzeiten der regulären Kinderbetreuung Unterstützung. Die meisten Kitas in der Stadt öffnen zwischen 6 und 8 Uhr und schließen spätestens um 18 Uhr.

Rohrbruch nimmt keine Rücksicht auf Kita-Öffnungszeiten

Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin, weiß zu berichten, dass das Thema flexible Kinderbetreuung auch in seiner Branche eine immer wichtigere Rolle spielt. Besonders Handwerker würden häufig zu Einsätzen außerhalb der regulären Kitaöffnungszeiten gerufen, sagt er. Und auch viele Gebäudereiniger arbeiteten nicht selten zu Zeiten, wenn Kindergärten und Krippen noch nicht oder nicht mehr geöffnet hätten.

Laut Wittke entscheidet eine adäquate Kinderbetreuung in seiner Branche mithin sogar darüber, ob ein Arbeitsplatz überhaupt besetzt werden kann oder eben leer bleibt, weil der Nachwuchs nicht ausreichend versorgt ist. Das ist gerade fürs Handwerk eine Krux: Der Wirtschaftszweig bekommt den Fachkräftemangel schon jetzt und in immer größerem Maße zu spüren. Entsprechende Betreuungsangebote könnten ein Vehikel sein, um Mitarbeiter an sein Unternehmen zu binden, sagt Melanie Bähr, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird gerade für den Mittelstand immer wichtiger“, sagt sie. „Sie kann das Zünglein an der Waage sein.“

Ergebnisse kommen in zwei Monaten

Die jetzt gestartete Unternehmensumfrage ist laut Bähr die erste vollumfängliche, flächendeckende Bestandsaufnahme dieser Art. Erste Ergebnisse sollen dem Vernehmen nach in etwa zwei Monaten vorliegen. Die Erhebung beruht auf freiwilliger Basis und richtet sich vor allem an Geschäftsführer und Firmeninhaber. Angestellte und Mitarbeiter mit Kindern werden allerdings nicht interviewt. Bei der Umfrage, die über einen Link auf der Homepage von IHK und Handwerkskammer einzusehen ist, sollen die teilnehmenden Unternehmen unter anderem die Betreuungssituation der Kinder ihrer Mitarbeiter einschätzen.

Teilnehmer werden zudem gefragt, welche Betreuungsangebote für ihre Kinder das Personal zu außergewöhnlichen Zeiten in Anspruch nimmt und in welcher Form die Unternehmen ihre Beschäftigten etwa durch die Bereitstellung von Eltern-Kind-Zimmern, Babysittern oder dergleichen unterstützen. Offenbar will man die Unternehmen darüber hinaus auch auf die Möglichkeit der sogenannten ergänzenden Tagespflege hinweisen, bei der das Land Berlin nach Bedarf zusätzliche Kinderbetreuung zwischen 6 und 21 Uhr anbietet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false