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Ein Vater läuft mit seinen zwei kleinen Kindern über eine grüne Wiese.

© picture alliance / dpa

Umgangsformen: Welche Rechte leibliche Väter haben

Leibliche Väter sollen dank eines neuen Gesetzes künftig ihre Kinder leichter sehen können. In der Praxis ist vieles jedoch Auslegungssache.

Von Carla Neuhaus

Über Jahre hatte der Mann dafür gekämpft, seine beiden Zwillingstöchter sehen zu dürfen. Anfangs schien sein Fall aussichtslos: Weder vor dem Oberlandesgericht noch vor dem Bundesverfassungsgericht bekam er Recht – und das obwohl er der leibliche Vater der beiden war. Der Grund: Die Mutter der Kinder war nach der Affäre mit ihm zu ihrem Ehemann zurückgekehrt, mit dem sie die Kinder jetzt großziehen wollte. Der leibliche Vater musste bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, um seine Töchter sehen zu dürfen. Die Entscheidung der Richter in Straßburg war dafür eindeutig: Auch der biologische Vater habe einen Anspruch auf Umgang, sagten sie.

Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb jetzt die Rechte der leiblichen Väter gestärkt. Diese können künftig den Umgang mit ihrem Kind erzwingen – und zwar auch dann, wenn sie zuvor keinen Kontakt hatten.

In der Vergangenheit haben biologische Väter nur dann ein Umgangsrecht bekommen, wenn sie bereits eine persönliche Beziehung zum Kind aufgebaut hatten. Wenn aber die Mutter das beispielsweise nicht wollte, hatte der Vater kaum eine Chance. „Viele haben deshalb irgendwann resigniert aufgegeben und den Kontakt vollständig abgebrochen“, sagt Thomas Penttilä, Vorsitzender beim Verein Trennungsväter.

WER VATER IST

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen dem rechtlichen und dem biologischen Vater. Der rechtliche Vater ist der Mann, bei dem die Kinder aufwachsen und der sich täglich um sie kümmert. Er hat deshalb schon immer mehr Rechte gehabt als der Erzeuger. Daran ändert sich auch mit dem neuen Gesetz nichts, das Mitte dieses Monats – am 13. Juli – in Kraft getreten ist. Für den leiblichen Vater wird der Kontakt zum Kind einfacher.

ERNSTHAFTES INTERESSE

Um ein Recht auf Umgang zu bekommen, muss der biologische Vater künftig lediglich ein „ernsthaftes Interesse“ an dem Kind zeigen – er muss glaubhaft machen, dass er Verantwortung übernehmen will. So einfach, wie es sich anhört, ist das allerdings nicht. „Was das in der Praxis bedeutet, werden die Familiengerichte erst noch entscheiden müssen“, sagt der Berliner Fachanwalt für Familienrecht, Norbert Bierbach. Reicht eine Postkarte zu Weihnachten und zum Geburtstag aus oder ist „ein ernsthaftes Interesse“ mehr als das? Klar dürfte der Fall sein, wenn der Mann die Frau bereits während der Schwangerschaft etwa zu Vorsorgeuntersuchungen begleitet hat. Denn das war es, was die Richter in Straßburg vom ernsthaften Interesse des Vaters an den Zwillingen überzeugt hat.

DER KONTAKT ZUM KIND

Offen ist weiterhin, wie oft und wie lange der leibliche Vater sein Kind sehen darf. Das müssen die Eltern untereinander klären. Gleiches gilt für die Frage, ob der leibliche Vater das Kind allein treffen darf oder nur im Beisein der Mutter. Wenn der leibliche Vater das Kind bislang nicht kennt, sind anfangs nur Treffen von wenigen Stunden üblich.

Können sich die Eltern nicht einigen, muss das Familiengericht entscheiden. Prämisse ist dabei das Kindeswohl. Es hat, sagt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) „oberste Priorität“. Penttilä, der die Interessen getrennt lebender Väter und Mütter vertritt, sagt, das sei zwar die richtige Herangehensweise: „Aber was überhaupt das Wohl des Kindes ist, ist weiterhin nirgendwo definiert.“ Die Richter hätten sehr viel Spielraum in der Auslegung des Gesetzes. Deshalb fordert er: „Das Umgangsrecht sollte stattdessen von vornherein gleich auf Mutter und Vater verteilt sein – und zwar egal, ob die beiden verheiratet sind oder nicht.“

AUSKUNFTSPFLICHT

Neben dem Umgang ist jetzt auch die Auskunftspflicht der Mutter gegenüber dem leiblichen Vater gesetzlich geregelt. Sie muss ihn über die Entwicklung des Kindes informieren. „Das dürfte sich aber auf die zentralen Dinge beschränken“, sagt Anwalt Bierbach. So dürften Väter künftig ein Recht darauf haben, die Schulzeugnisse zu sehen oder zu erfahren, ob das Kind in die Kita geht. Können sich die Eltern selbst nicht außergerichtlich einigen, wird es ein Fall für das Familiengericht. Der Richter kann dann eine Frist setzen, bis wann der Vater über bestimmte Dinge informiert werden muss – hält sich die Mutter nicht daran, kann das Gericht ein Ordnungsgeld verlangen. Allerdings kann der Gang vor Gericht für beide Seiten teuer werden.

DAS SORGERECHT

All diese neuen Regeln betreffen nur das Umgangs- und Besuchsrecht des Vaters – und nicht sein Sorgerecht. Das heißt, es geht um die Frage, ob der leibliche Vater sein Kind sehen darf. Wichtige Entscheidungen darf er deshalb aber noch lange nicht mittreffen. Dafür braucht er das sogenannte Mitsorgerecht.

Auch das wurde in diesem Jahr bereits überarbeitet. Seit April können Väter es auch dann beantragen, wenn die Mutter das nicht möchte. Ein gemeinsames Sorgerecht soll demnach nur noch dann ausgeschlossen werden, wenn es dem Wohl des Kindes widersprechen würde. Und das ist nur in Extremfällen der Fall, zum Beispiel wenn der Vater Alkoholprobleme hat oder gewalttätig ist.

Leibliche Väter haben deshalb künftig gute Chancen, auch über Dinge wie Wohnort, Religion oder gesundheitliche Fragen des Kindes mitbestimmen zu dürfen. Auch den Antrag auf das Mitsorgerecht müssen Väter beim Familiengericht stellen. Dennoch dürften sie es mit dem neuen Gesetz nicht mehr so schwer haben wie der Mann, der über Jahre für den Kontakt mit seinen Kindern stritt. Erst als sie bereits fünf Jahre alt waren, durfte er sie sehen.

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