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Wirtschaft: UMTS-Versteigerung: Du bist nicht allein - So läuft die Auktion

Der Pfiff ist so laut, dass er bis in alle sieben abhörsicheren Räume dringt. Das Pfeifen des Beamten der Regulierungsbehörde gibt in Mainz das Signal: Eine neue Runde im Milliardenpoker um die Lizenzen für den Mobilfunk der Zukunft beginnt.

Der Pfiff ist so laut, dass er bis in alle sieben abhörsicheren Räume dringt. Das Pfeifen des Beamten der Regulierungsbehörde gibt in Mainz das Signal: Eine neue Runde im Milliardenpoker um die Lizenzen für den Mobilfunk der Zukunft beginnt. 40 Minuten haben die vierköpfigen Bieterteams nun Zeit, mit ihren Zentralen zu telefonieren, das Abgesprochene noch einmal per Fax zu bestätigen und dann ein Gebot abzugeben. Am Freitag, dem zehnten Versteigerungstag, kostete ein neues Gebot ihre Unternehmen in jeder Runde etwa eine halbe Milliarde Mark mehr.

Mittlerweile haben die Bieter mehr als 100 Runden hinter sich. Alles begann am 31. Juli, als Klaus-Dieter Scheurle mit großer Geste auf eine dekorative Stoppuhr drückte und dabei in die Fernsehkameras lächelte. Der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post gab das Startsignal für die spektakulärste Versteigerung der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Sieben Unternehmen und Bietergemeinschaften waren angetreten, um eine Lizenz für den Mobilfunkstandard UMTS zu ergattern.

UMTS soll die mobile Kommunikation revolutionieren, Internet und Handy verschmelzen. So lauten jedenfalls die Versprechungen der Industrie. Noch gibt es nirgendwo auf der Welt ein funktionierendes UMTS-Netz. Noch weiß niemand, welche Dienste es tatsächlich geben wird, was sie kosten werden und vor allem, wer sie eigentlich braucht. Die Unternehmen pokern um eine ungewisse Zukunft.

Damit sich die Bieter untereinander nicht absprechen können, hat die Regulierungsbehörde ihre Mainzer Niederlassung abgeschottet. Zwar hat jeder, der sich am Eingang ausweisen kann, Zutritt zur ehemaligen US-Kaserne, doch gleich hinter dem Öffentlichkeitsraum, der jetzt fast täglich im Fernsehen gezeigt wird, ist Schluss. Drei bis vier breitschultrige Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes lassen daran keinen Zweifel.

Hinter diesen Männern verschwinden täglich um acht Uhr morgens die Bieterteams, um in ihren streng getrennten Räumen die Gebote abzugeben. Ständig unter Aufsicht eines Regulierungsbeamten, müssen sie sogar den Toilettengang anmelden, damit sich nicht zwei Mitarbeiter konkurrierender Unternehmen auf dem Flur konspirativ zuzwinkern können. Auch zum Mittagessen verlassen sie ihre 15 Quadratmeter großen Bieterräume nicht.

Auf die Frage, nach welchen Kriterien die Teams zusammengestellt wurden, antworten die Unternehmen ausweichend. Fähige Mitarbeiter aus den Rechts-, Finanz- und Strategieabteilungen seien es, Experten eben. Namen werden nicht genannt. Mitarbeiter sollen bereits bedroht worden sein, heißt es auf den Fluren in Mainz. Bestätigen will dies das betroffene Unternehmen nicht. In den Hotels der Umgebung haben die Abgesandten der Konzerne unter falschem Namen eingecheckt. Bei den Summen, die im Spiel sind, will keiner ein Risiko eingehen.

Täglich um 18 Uhr wird die Versteigerung bis zum nächsten Morgen unterbrochen. Und dann endet auch die Überwachung durch die Regulierungsbehörde. Nach der Arbeit gehen die Kollegen in die Sauna oder joggen, berichtet ein Unternehmenssprecher. Man habe abends auch schon mal ein Glas Wein am Rhein getrunken, sagt er. Die Bieterteams könnten sich zufällig an einer Hotelbar treffen, vielleicht ohne zu ahnen, wer der andere ist.

Am Freitag, dem zehnten Versteigerungstag, überstieg die Summe der Höchstgebote bereits am Morgen die Schwelle von 50 Milliarden Mark. 50 Milliarden Mark - eine Zahl mit zehn Nullen, eine kaum fassbare Summe. Dafür ließe sich zum Beispiel ein Großflughafen wie der geplante Airport Berlin-Schönefeld sechs Mal in den märkischen Sand setzen. Eine Weltausstellung wie die Expo könnte man für 50 Milliarden Mark 31 Mal infolge veranstalten, ohne dass der Steuerzahler eine Mark zuschießen müsste. Und die drei Berliner Opernhäuser wären mit dieser Summe über 223 Jahre lang aller Geldsorgen ledig. Aber Schluss war gestern in Mainz erst bei mehr als 60 Milliarden Mark. Da hatte mit Debitel der erste Bewerber um die Lizenzen gerade aufgegeben.

Die Versteigerung ist erst zu Ende, wenn nicht mehr geboten wird. Experten erwarten den Anpfiff zur letzen Runde Mitte kommender Woche.

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