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Angela Merkel (CDU) und Philipp Rösler (FDP). Die schwarz-gelbe Koalition lehnt bislang eine Unterschrift unter das Abkommen gegen Korruption ab.

© dpa

UN-Konvention gegen Korruption: Unternehmen schämen sich für die Regierung

Wie Syrien und Saudi-Arabien verweigert Deutschland seit Jahren die Unterschrift unter das UN-Abkommen gegen Korruption. Die Chefs von 36 deutschen Konzernen sehen nun das Ansehen der deutschen Wirtschaft beschädigt.

Von Maris Hubschmid

Führende Konzernchefs haben den Bundestag aufgefordert, endlich das internationale Abkommen gegen Korruption zu unterzeichnen, weil sie um den Ruf deutscher Unternehmen fürchten. In einem Brief an alle Fraktionsabgeordneten, der dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Das Ausbleiben der Ratifizierung schadet dem Ansehen der deutschen Wirtschaftsunternehmen in ihren Auslandsaktivitäten. Ein demokratisches Land muss insgesamt glaubwürdig sein und darf sich nicht unnötig angreifbar machen.“ Zu den Unterzeichnern des Schreibens gehören Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn, Daimler-Chef Dieter Zetsche und Siemens-Vorstand Peter Löscher. Auch ThyssenKrupp, Metro und die Telekom stehen mit ihrem Namen für das Anliegen ein. Insgesamt haben sich 36 Spitzenmanager von Dax-Unternehmen der Initiative angeschlossen, die von der Internationalen Handelskammer initiiert wurde.

Das bereits vor neun Jahren beschlossene Abkommen der Vereinten Nationen verpflichtet die Unterzeichner, gegen Korruption in Politik und Behörden vorzugehen und dazu eng zusammenzuarbeiten. Bis heute wurde es von mehr als 160 Staaten ratifiziert. Nur in wenigen Ländern ist bislang nichts passiert. Deutschland steht unter den Verweigerern in einer Reihe mit Saudi-Arabien und Syrien.

„Das allein ist hochnotpeinlich“, sagt Christian Humborg, Geschäftsführer der Organisation Transparency International. Nicht nur die Exportwirtschaft leide darunter, dass das Land an Glaubwürdigkeit verliere. Nach innen sei das Signal aber kaum weniger fatal: „Wie erklärt man einem Bürger, dass Bestechung bei Politikern weniger streng geahndet wird?“

Bislang lehnt die schwarz-gelbe Koalition die Ratifizierung mit der Begründung ab, eine Verschärfung des Abgeordnetengesetzes behindere die Politiker in der freien Ausübung ihres Mandats. „Viele Formen der Abgeordnetenbestechung sind nicht strafbar. Das ist untragbar“, kommentiert der Verein Lobby Control.

„Integre Abgeordnete brauchen sich vor schärferen Regelungen nicht zu fürchten“, mahnen auch die Adressaten. Linkspartei und SPD haben bereits Vorstöße unternommen, den entscheidenden Paragrafen zu ändern. Am 17. Oktober ist eine dreistündige Anhörung im Bundestag anberaumt.

Bei der CDU/CSU-Fraktion reagierte man am Mittwoch gelassen auf den Brief. „Er ändert nichts an unserer grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber dem Abkommen“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Darin werde zwischen Beamten und Politikern nicht genügend unterschieden: „Es muss einem Mandatsträger möglich sein, mit einem Interessenvertreter essen zu gehen.“ Den angeblichen Ansehensverlust ließen die Koalitionsparteien am Mittwoch unkommentiert.

Anders die Unternehmensverbände. Dieter Schweer, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der deutschen Industrie sprach von einer „erheblichen Belastung für die Unternehmen“: Diese würden im Ausland sehr häufig auf die Nichtumsetzung angesprochen.

Die Staatengruppe gegen Korruption des Europarats hatte Deutschland bereits im April aufgefordert, unverzüglich seine Regeln im Kampf gegen Bestechung an internationale Standards anzupassen. Nun drohen ein Verfahren und Geldstrafe. „Das wird das Ansehen Deutschlands erst recht beschädigen“, glaubt man bei den Nicht-Regierungs-Organisationen.

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