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Ursprünglich sollten nur kleine, bäuerliche Betriebe geschützt werden. Kritiker sagen, nun werden auch große Unternehmen bevorteilt.

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Unfaire Handelspraktiken: Mittelstand läuft Sturm gegen neue EU-Richtlinie

Eine neue EU-Regelung soll eigentlich kleine Landwirte vor der Macht der Handelsketten schützen. Im Mittelstand meint man aber, dieses Ziel sei weit verfehlt.

Landwirte und Hersteller in Europa sollen künftig besser vor unfairer Behandlung durch große Handelskonzerne geschützt werden. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich am Mittwoch in Brüssel auf eine entsprechende Regelung. Last-Minute-Stornierungen bei verderblichen Produkten etwa sind in Zukunft untersagt. Auch verspätete Zahlungen werden nicht mehr erlaubt sein. Die Regelungen sollen ab 2021 gelten. Sie müssen vom Europaparlament und den EU-Staaten noch offiziell angenommen werden, dies gilt jedoch als Formsache.

Die EU-Kommission hatte die entsprechenden Gesetzesvorschläge im April vorgelegt, die Unterhändler nahmen noch Änderungen vor. Aus Sicht der Brüsseler Behörde werden kleinere Betriebe und Höfe in Europa bei Verhandlungen zu oft von großen Abnehmern, Händlern und Supermarktketten benachteiligt. So werden etwa Verträge nachträglich einseitig geändert oder Bestellungen kurzfristig storniert. Schätzungen zufolge entstehen dadurch für Landwirte in Europa Schäden in Höhe von knapp elf Milliarden Euro pro Jahr.

Sind wirklich nur Bauern geschützt?

Chancen, dagegen effektiv vorzugehen, gab es bislang nicht überall. In rund 20 EU-Staaten existieren schon nationale Regeln, sie unterscheiden sich aber zum Teil deutlich voneinander. Die Schutzregelungen sollen nun für Landwirtschaftsbetriebe mit einem jährlichen Umsatz von maximal 350 Millionen Euro gelten.

Doch genau hier liegt die Krux. Denn Händler verweisen darauf, dass diese Obergrenze auch große Hersteller schützt - vom ursprünglichen Zweck, mit dieser Richtlinie nur Kleinbauern zu schützen, sei man somit weit entfernt.

"Verlust der Wettbewerbsfähigkeit"

So nannte der Mittelstandsverbund die Einigung "einen schwarzen Tag für den Mittelstand". "Anstatt ausschließlich kleine und mittlere Landwirte in den Schutzbereich einzubeziehen, dürfen nunmehr auch große Hersteller von Lebensmitteln auf den Schutz dieses neuen Regimes zählen", heißt es in einer Mitteilung. Aus Sicht des Verbandes hat das "einen weiteren Verlust der Wettbewerbsfähigkeit gerade im mittelständischen Handel" zur Folge.

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) spricht von einem "beispiellosen Eingriff in die Vertragsfreiheit von Geschäftspartnern". "Faktisch alle Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels" fielen nun unter diesen Schutz.

Zuletzt hatten Streitigkeiten über Konditionen zwischen Herstellern und Händlern für Aufsehen gesorgt. So hatte Edeka zeitweise Produkte von Nestlé ausgelistet, um bessere Preise zu erreichen, aktuell befinden sich Kaufland und Unilever in einem ähnlichen Streit. (mit dpa)

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