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Wirtschaft: Ungezügelte Ausgaben und hohe Schulden

DÜSSELDORF .Nach Ausbruch der Asienkrise hat Brasilien durch schnelle und überzeugende Maßnahmen ein Übergreifen der Turbulenzen auf seine Währung, den "Real", verhindern können.

DÜSSELDORF .Nach Ausbruch der Asienkrise hat Brasilien durch schnelle und überzeugende Maßnahmen ein Übergreifen der Turbulenzen auf seine Währung, den "Real", verhindern können.Dafür hat besonders Finanzminister Pedro Malan viel Lob bekommen.Er setzte damals ein Paket von Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen durch, das von einer Heraufsetzung des Leitzinses begleitet war.Westliche Banker, Analysten und Fondsmanager zogen ihr Geld nicht ab.Denn Brasilien, das mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung Lateinamerikas erbringt, schien auf dem richtigen Weg zu sein.Malans entschlossene Reaktion auf die Herausforderungen der Asienkrise machten es auch anderen Ländern der Region leichter, den Klimasturz auf den aufstrebenden Märkten zu überstehen.

Daß sich Brasilien seit der Rubelabwertung einer derart massiven Kapitalflucht aus dem Real gegenübersieht, hat gute Gründe.Der vor einigen Monaten noch gefeierte Malan steht heute vor dem Scherbenhaufen des nach der Asienkrise eingeführten Stabilisierungsprogramms.Das Defizit der öffentlichen Haushalte ist - aufs Jahr gerechnet - auf acht Prozent des Sozialprodukts eskaliert.Brasiliens Präsident Fernando Henrique Cardoso, der sich am 4.Oktober zur Wahl stellen muß, hat zum Ende seiner Amtszeit zugelassen, daß die staatlichen Ausgaben völlig aus dem Ruder gelaufen sind.Brasiliens Schuldenmanager und die Notenbank haben schwere Fehler gemacht.Die Hüter des Reals ignorierten die nach den Krisen in Mexiko und Asien gestiegenen Risiken eines plötzlichen Kapitalabzuges und senkten zu schnell die Zinsen.Ähnlich wie in Rußland drehten Brasiliens Schuldenmanager bei der Deckung des staatlichen Finanzbedarfs über kurzfristige Schuldtitel mit und ohne Dollaranbindung ein immer größeres Rad.Kein Wunder, daß viele Ausländer, aber auch immer mehr heimische Anleger unter dem Schock der Rubelabwertung plötzlich "russische Verhältnisse" in Brasilien ausmachten.Sie reagieren seit August mit einem Massenexodus aus brasilianischen Papieren und tragen dazu bei, daß an der Börse von Sao Paulo die Kurse purzeln.Viele Investoren haben das Vertrauen in die Wechselkursanbindung des Reals an den Dollar zum derzeitigen Austauschverhältnis verloren.Im Sog der Kapitalflucht sind Brasiliens Währungsreserven seit August um 20 auf nunmehr 50 Mrd.Dollar geschmolzen.

Die bedrängte Regierung Cardoso hat auf die riesigen Kapitalabzüge mit einer drastischen Anhebung der Leitzinsen um fast 30 Prozentpunkte auf knapp 50 Prozent reagiert.Dieser Zinsschritt und der noch verbliebene Währungsbestand könnte gerade noch ausreichen, die Regierung Cardoso mit dem derzeitigen Wechselkurs des Reals über den Wahltag zu retten.Denn Cardoso wird es nicht wagen, in der Zielgeraden des Wahlmarathons drastische Ausgabenkürzungen in den öffentlichen Haushalten zu verkünden.Weder die Beteuerung aus Brasilia, daß eine Abwertung nicht in Frage komme, noch die Beistandsankündigungen des IWF und der USA dürften die auf Abwertung setzenden Märkte beruhigen.Sie haben bereits die Auswirkungen einer Realabwertung auf die anderen Mercosurländer, die mit Brasilien eng verflochten sind, im Visier.

KLAUS C.ENGELEN (HB)

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