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Wirtschaft: Union will Gentechnik-Gesetz im Bundesrat ablehnen

Der vom Kabinett verabschiedete Entwurf wird von Bauern und Verbraucherschützern kritisiert – Industrie schafft bereits Tatsachen

Berlin (deh/pet). Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des Gentechnikrechts ist von Landwirten, Verbraucherschützern und der Biotechnologiebranche heftig kritisiert worden. „Der Entwurf ist nicht in der Lage, den Schutz der gentechnikfreien Produktion zu gewährleisten“, sagte Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorstandsvorsitzende des Bundes ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) am Mittwoch. Verbraucherschützer vermissen eine fehlende Wahlfreiheit für die Konsumenten. Verbraucherministerin Renate Künast (Bündnis 90/Grüne) verteidigte dagegen die Novelle. Die Bundesregierung habe ein „Schutzgesetz für alle diejenigen vorgelegt, die auch in Zukunft ohne Gentechnik arbeiten wollen“. Die Union will im Bundesrat Widerstand gegen das Gesetz leisten.

Das Kabinett hatte am Mittwoch eine Novellierung des Gentechnikrechtes beschlossen. Danach dürfen gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO, siehe Lexikon auf dieser Seite), wie etwa Genmais, künftig auf deutschen Feldern wachsen. Landwirte, die erbgutveränderte Pflanzen anbauen, sollen allerdings dafür haften, wenn die Pollen dieser Pflanzen die Ernte konventioneller Landwirte verunreinigen. Der Bundesrat muss dem Gesetz Anfang April noch zustimmen. Mit der Novelle setzt Deutschland die neue europäische Freisetzungsrichtlinie um.

Beim deutschen Gentechnikgesetz ist vor allem die Haftungsfrage umstritten. BÖLW-Chef Prinz zu Löwenstein begrüßte zwar, dass Gentechnik-Anbauer für Schäden haften müssen, die durch Verunreinigungen und Auskreuzungen entstehen, kritisierte aber fehlende Transparenz und zu viel Bürokratie bei der Umsetzung. Bioland-Chef Thomas Dosch sagte, die vorgesehenen Haftungsregelungen für den Schadenfall seien ungenügend. Welche konkreten Maßnahmen Gentechnik–Anbauern ergreifen müssten, um die Ausbreitung von GVO zu vermeiden, sei bisher nicht geregelt.

Die Biotech-Branche befürchtet dagegen weitere Einschränkungen für ihre Produkte. Auch Unions-Politiker wenden sich gegen die von Künast vorgeschlagene Haftungsregelung. Sie verlangen, dass ein Bauer nicht für mögliche Einträge der genetisch veränderten Pollen auf andere Felder haftbar gemacht werden dürfe. Vor allem die CDU-geführte Landesregierung in Sachsen-Anhalt, wo sich Saatgutfirmen angesiedelt haben, will bessere Bedingungen für den Gentechnik-Anbau durchsetzen. Allerdings ist der Versuch eines großflächigen Freilandversuchs mit Gen-Saaten 2003 am Widerstand des Landesbauernverbands gescheitert.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) rät seinen Mitgliedern vom Anbau genetisch veränderter Pflanzen ab. Statt einer Haftungsregelung wünscht sich der DBV einen Entschädigungsfonds für Landwirte, deren Ernten mit GVO verunreinigt wurden. Einzahlen sollen nach Ansicht des Bauernverbands die Saatgutfirmen und der Staat.

Während die Politik noch über Rahmenbedingungen streitet, schafft die Industrie bereits Tatsachen. „In den nächsten Wochen ist damit zu rechnen, dass Saat- und Pflanzgut-Firmen Landwirte für einen Erprobungsanbau oder Versuchsanbau von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut in ihren Betrieben gewinnen wollen“, heißt es in einem Rundschreiben des Saatbauverbandes Hessen, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Saatgutzüchter, Christian Schröder, bestätigte das. „Es kann sein, dass bestimmte gentechnisch veränderte Arten wie Raps schon im Frühjahr 2004 in Deutschland angebaut werden“, sagte Schröder.

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