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Im Einsatz: Glyphosat ist ein Unkrautvernichtungsmittel und wird nach der Ernte beziehungsweise vor der Aussaat eingesetzt.

© Steven Lüdtke/Forum Moderne Landwirtschaft/dpa

Unkrautvernichtungsmittel: Neuer Streit in der Bundesregierung um Glyphosat-Zulassung

Die EU-Kommission will das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto für weitere zehn Jahre genehmigen. Agrarminister Schmidt und Umweltministerin Hendricks vertreten unterschiedliche Auffassungen.

In der Bundesregierung bahnt sich ein neuer Streit über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat an. Die EU-Kommission will das umstrittene Herbizid aus dem Haus Monsanto für weitere zehn Jahre zulassen. Während Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) mit einem weiteren Einsatz von Glyphosat auf den Feldern leben kann, lehnt Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Verlängerung ab. Pikant: Auf EU-Ebene ist Deutschland Berichterstatter, wenn es um Glyphosat geht.

Glyphosat ist das weit verbreiteste Unkrautvernichtungsmittel der Welt. Es ist in mehr als 160 Ländern zugelassen und wird in riesigen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt. In Deutschland werden rund 40 Prozent der Felder mit dem Herbizid behandelt. Aber auch in Privatgärten, auf öffentlichen Plätzen und an Bahndämmen wird das Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt.

Umweltschützer wollen das Mittel verbieten

Das Problem: Glyphosat ist hoch umstritten. Die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO (IARC) stuft das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein. Umweltschützer fordern daher ein Verbot des Stoffs. Aktivisten von Campact, dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und anderen Organisationen sammeln im Netz Unterschriften für ein Volksbegehren gegen Glyphosat. „Glyphosat ermöglicht einen chemiegestützten intensiven Ackerbau, der schädlich für die Artenvielfalt ist“, sagt BUND-Expertin Heike Moldenhauer.

Was Landwirte und Hobbygärtner schätzen, macht Umweltschützern und der Umweltministerin Angst: „Glyphosat vernichtet da, wo man es spritzt, alles Grün“, kritisiert Modenhauer. Darunter leiden Insekten und Vögel, die keine Nahrung mehr finden. Aber auch in Lebensmitteln ist der Stoff zu finden. Greenpeace hat Glyphosat in Wein nachgewiesen, das Umweltinstitut München im Bier. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) will Glyphosat nicht mehr verwenden.

EU-Institute geben Entwarnung

EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis teilt die Ablehnung nicht. Im Gegenteil: Er will Glyphosat weiter in der EU einsetzen. Der Litauer stützt sich dabei auf die Einschätzung der EU-Chemikalienagentur ECHA, die im März das Mittel als nicht krebserregend eingestuft hatte. Zuvor hatte schon die Europäische Lebensmittelagentur EFSA Entwarnung gegeben. Die Behörden waren eingeschaltet worden, weil sich die Mitgliedstaaten im vergangenen Jahr nicht über eine Verlängerung einigen konnten. Die EU-Kommission hatte das Herbizid daher als Übergangslösung nur für weitere anderthalb Jahre zugelassen, die Erlaubnis läuft Ende des Jahres aus.

In der Bundesregierung rechnet man damit, dass Brüssel Tempo macht und noch vor der Sommerpause im zuständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (SCoPAFF) ihren Vorschlag für Glyphosat vorlegen wird. Damit wäre die Bundesregierung noch vor der Bundestagswahl – und damit in der alten Besetzung – mit dem Thema befasst. Dabei konnten Hendricks und Schmidt schon im vergangenen Jahr keine gemeinsame Position finden, Deutschland hatte sich bei der Abstimmung daher enthalten. Eine Wiederholung deutet sich an.

Schmidt sagt ja, Hendricks sagt nein

„Bei richtiger Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat bestehen keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit“, sagte ein Sprecher des Agrarministeriums dem Tagesspiegel. In Deutschland gebe es klare Vorgaben für den Einsatz: Glyphosat darf im Prinzip nur vor der Aussaat gespritzt werden. Zudem dürfen Herbizide grundsätzlich nicht auf befestigten Flächen wie Wegen oder Terrassen verwendet werden. Hendricks reicht das nicht. Das Umweltministerium pocht darauf, dass die Wirkung des Unkrautvernichtungsmittels auf die Artenvielfalt berücksichtigt wird, sagte ein Sprecher. „Ein einfaches Weiterso geht nicht.“

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