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Wirtschaft: Unter Beobachtung

Verbraucherschützer fordern bessere Aufklärung über die Verwendung von Nutzerdaten im Netz

Berlin - Würden Sie mit heruntergelassener Hose einkaufen gehen? Im übertragenen Sinne tun das viele Verbraucher, wenn sie sich unbekümmert im Internet bewegen. „Neue Formen digitaler Wirtschaftsspionage“ nennt das Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, sofern Unternehmen von Nutzern im Netz ungewollt und unbemerkt Daten sammeln, verarbeiten und weitergeben. „Die Menschen denken, sie sind in einem privaten Raum unterwegs, wenn sie zu Hause am Computer sitzen. Doch der private Raum ist kein privater Raum mehr, es gibt viele, die zugucken“, sagte Billen auf einer Diskussionsveranstaltung zur Zukunft des Daten- und Verbraucherschutzes in der digitalen Welt am Donnerstag in Berlin.

Mit Behavioral Targeting bezeichnen Experten Verfahren, mit denen die Unternehmen Internetnutzer bei ihren Bewegungen im Netz beobachten, die Daten sammeln und aus verschiedenen Quellen zusammenführen, um von ihnen ein digitales Profil zu erstellen. In der Folge werden diesen Nutzern dann Angebote gemacht und Werbung gezeigt, die ihren persönlichen Vorlieben entsprechen. Frauen sehen zum Beispiel Werbung für Handtaschen und Schuhe, wenn sie eine beliebige Webseite besuchen. Männern werden auf der gleichen Seite Autos oder Rasierapparate präsentiert.

Viele dieser Angebote seien durchaus nützlich, meinte Billen, wie etwa „gezielte Werbung zu Themen, die mich interessieren“. Daher sei es nicht so, dass diese Verfahren vom Verbraucher von vornherein abgelehnt werden müssten. Doch das Unbehagen wachse, weil es für den Verbraucher nicht so einfach ersichtlich sei, wer diese Daten sammelt und wer sie wofür nutzt. Christian Grugel, Abteilungsleiter im Bundesverbraucherschutzministerium, plädierte daher wie Billen dafür, dass Verbraucher einer Nutzung ihrer Daten aktiv zustimmen müssen. Der Nutzer habe eine Mitverantwortung, was den Umgang mit seinen Daten betreffe. Datensicherheit sei Teil des lebenslangen Lernens, sagte Grugel. „Allerdings darf der Schutz der Daten nicht zur Daueraufgabe werden.“ Er müsse auch für solche Menschen machbar sein, die kein Informatikstudium abgeschlossen haben.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht noch Handlungsbedarf auf drei Ebenen. Erstens fordert er mehr Transparenz, also Klarheit darüber, wer welche Daten zu welchem Zweck sammelt. Und diese Informationen müssten zugleich leicht verständlich sein. Zweitens muss auch in seinen Augen der Nutzer erst zustimmen, bevor ein Profil von ihm erstellt werden darf. Und drittens fordert Schaar Verbesserungen auch von der technischen Seite her, zum Beispiel durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen. Zudem müssten Unternehmen verpflichtet werden, online und in einem einfachen Verfahren Auskunft darüber zu geben, welche Daten sie über einen Nutzer gesammelt haben. Corinna Visser

Informationen über sicheres Surfen im Netz finden Sie hier:

www.surfer-haben-rechte.de

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