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Wirtschaft: Unter Freunden

Gerhard Schröder besucht Porsche – dort ist ein Beschäftigungsabkommen bis 2010 geschlossen worden

Stuttgart Wendelin Wiedeking und Gerhard Schröder mögen sich. Die beiden rauchen gelegentlich eine Zigarre, sitzen schon mal am Geburtstag beim Wein zusammen. Vielleicht sind sie sogar Freunde. Der erfolgreiche Porsche-Chef sprang dem Kanzler bei, als ihm Kritik an seiner Unternehmenssteuerreform um die Ohren flog. „Hochschalten, Gas geben und die Verfolger hinter sich lassen“, empfahl er Schröder zum 60. Geburtstag. Er macht keinen Hehl daraus, dass er Schröder für einen mutigen Reformer hält, der nach Jahren der Lähmung in der Kohl-Ära die heißen Eisen angepackt habe. Geradezu mitleidig erwähnt er dann Schröders größte Fehleinschätzung: Die Wirtschaftsbosse von Allianz und Deutscher Bank hätten die Freistellung der Unternehmenserträge zwar „mitgenommen“, sich aber zu keinem Gegengeschäft verpflichtet gesehen. Als einziger meldete sich der Sportwagen-Chef in der Heuschreckendebatte zu Wort – mit Verständnis für Müntefering. Die gewissenlosen Burschen gebe es.

Wiedeking ist ein guter Bursche, ein guter deutscher Unternehmer. Sein Betriebsratschef Uwe Hück hat den Kanzler zur Betriebsversammlung eingeladen. Vor vielen Monaten schon, da wusste keiner, dass es eine willkommene Umarmung in schwieriger Zeit werden könnte. Es galt, einen Standortsicherungspakt zu verkaufen, der nach dem Willen von Hück und Wiedeking eine Zentralbotschaft aussandte: Es fluppt auch am Standort Deutschland. Ohne Auslagerung ging es zwar auch bei Porsche nicht: Die meisten Boxster werden in Finnland gebaut, der Großteil des Cayenne in der Slowakei. Doch mit kompletter Abwanderung hat Porsche-Chef Wiedeking nie gedroht. Die anvisierte vierte Baureihe wird nun vermutlich in Leipzig gebaut.

Die Porsche-Belegschaft, wiewohl vor zwei Jahren an der vordersten Streikfront, als es um Gehaltserhöhungen ging, macht Zugeständnisse. Ein Standortsicherungspakt ganz nach Kanzler Schröders Gusto. Porsche-Betriebsratschef Hück ist ein Original. Und nicht erst seit Schröders Verweigerung beim Irak-Krieg („werde ich Dir persönlich nie vergessen“) eine treue Seele. Wenn er Gerhard sagt, zuckt Schröder zusammen, doch was der ehemalige Thaiboxer etwas unbeholfen über die Lippen bringt, behagt ihm sehr. „Ich bin stolz darauf, dass ich hier einen Arbeitgeber habe, der das hier unterschrieben hat“, ruft Hück in gewohnter Marktschreiermanier und zählt auf: Arbeitsplatzsicherung bis 2010, die neue Lackiererei wird für 200 Millionen Euro gebaut, die Sattlerei bleibt, Zuffenhausen bleibt das „Weltmotorenwerk“ des exportorientierten Autobauers und alle 911er plus seiner „Devirate“ werden in der Heimat gebaut. „Wo gibt es das noch in diesen lausigen Zeiten?“, fragt Hück. Jubel, dröhnendes Bohei der 3000 Porschianer.

Worin genau die Gegenleistung besteht, bleibt trotz der guten Stimmung vage. „Flexibilisierung“ lautet das Zauberwort. Die so genannte Steinkühler-Pause jedenfalls – fünf Minuten pro Stunde zum Luftholen – ließ sich Hück nicht abhandeln. Zusammen gerechnet machen diese Minuten 18 Arbeitstage im Jahr aus und sind Wiedeking schon lange ein Dorn im Auge. Doch Hück triumphiert, „die Erholzeiten bleiben bei uns, die Kollegen arbeiten nicht umsonst länger“. Etwas Verhandlungsmasse muss schließlich sein.

Hücks Auftritt ist durchgestylt. Immer wieder Gerd, Wut auf den „Aktionärskapitalismus“, was nur „Osterwelle seine Welt“ sei, und ein Loblied auf Arbeitgeber mit gesellschaftlicher Verantwortung. Solche wie Porsche eben.

Auch Wiedeking inszeniert die Botschaft als Familientreffen. „Wir haben die gleichen Ziele, eine gemeinsame Vision.“ Die Belegschaft sei nicht nur Kosten-, sondern auch Erfolgsfaktor. Er sei „stolz darauf, sich zum Standort Deutschland zu bekennen“. Es sei „wichtig“, zum eigenen Land zu stehen. Das werde man auch „klar machen“, wenn die vierte Baureihe anstehe. Nichts Konkretes dazu. Nur Andeutungen. Doch die reichen dem zufriedenen Bundeskanzler als Vorlage. Er lobt die „Kultur des Miteinander“ bei der Traumfabrik Porsche. Porsche beweise, dass man als deutsches Unternehmen äußerst erfolgreich im internationalen Wettbewerb sein könne. „So was wünschen wir uns als Modell Deutschland.“ Ein echtes Wohlfühltreffen.

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