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Unternehmen in Kairo: Abends um sieben ist Schluss

Deutsche Firmen in Ägypten arbeiten wieder, aber mit Einschränkungen.

Von Maris Hubschmid

Berlin - Die Metro hat wieder geöffnet, die Auslagen sind voll, auch BMW und Daimler haben ihre Produktion wieder aufgenommen. „Bei den Unternehmen kehrt langsam wieder Normalität ein“, berichtet Rainer Herret, Geschäftsführer der Deutsch-Arabischen Industrie- und Handelskammer in Kairo. Vergangene Woche, auf dem bisherigen Höhepunkt der Ausschreitungen in Ägyptens Hauptstadt, waren viele Betriebe geschlossen geblieben. So auch der Großteil der bekannteren deutschen Firmen im Land, wie Niederlassungen des Kabelherstellers Leoni, des Chemiekonzerns BASF und des Energieunternehmens RWE. Angst vor Angriffen hätten die Firmen dabei eher nicht gehabt, sagt Herret, der Konflikt sei ja ein innerägyptischer. Ausschlaggebend waren die Mitarbeiter: Wegen der Proteste hätten viele Schwierigkeiten gehabt, überhaupt zum Arbeitsplatz zu kommen.

Ab sieben ist die Stadt wie ausgestorben

Auch jetzt wird an den meisten Standorten noch nicht wieder voll gearbeitet. „Ab sieben Uhr herrscht die Ausgangssperre, die Firmen beenden den Tag deshalb vorzeitig, damit ihre Angestellten Zeit haben, nach Hause zu kommen und vorher noch Einkäufe zu erledigen.“ Kommende Woche soll die Regelung gelockert werden, dann ist erst ab neun Uhr abends Ausgehverbot. „Ein gutes Zeichen“, sagt Herret.

Neben dem Tourismus, der jetzt eingebrochen ist, sind die Petrochemie- und die Düngemittelindustrie die wichtigsten Säulen der ägyptischen Wirtschaft. Deutsche Firmen sind daneben vor allem in der Automobilindustrie und dem Maschinenbau, der Medizintechnik, der Leder- und der Textilproduktion aktiv. Rund 700 deutsche Unternehmen gibt es in Ägypten, laut dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft setzten sie 2012 zusammen 1,9 Milliarden Euro um. 1,1 Milliarden Direktinvestitionen flossen aus Deutschland nach Ägypten. Die Bundesrepublik ist der drittwichtigste Handelspartner für den arabischen Staat: Der Wert deutscher Exporte an den Nil betrug 2012 rund 2,6 Milliarden Euro, der Wert der Güter, die den umgekehrten Weg nahmen, 1,4 Milliarden.

Die Inflation frisst die Löhne auf

„Grundsätzlich bekommen wir von den Unternehmen die Rückmeldung, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen unter der Übergangsregierung aus ihrer Sicht verbessert haben“, sagt Carla Nickel, Referentin des Afrika-Vereins. Sie ist in stetem Kontakt mit Firmen vor Ort. „Wirtschaftspolitisch kommen die richtigen Signale“, bestätigt Herret. „Das Land bewegt sich hin zu einer marktwirtschaftlichen Struktur.“ Noch sei die Lage aber insofern erschwert, als man nicht wisse, in welche Richtung künftig Wirtschaftspolitik betrieben werde. Hinzu kommt: Die Arbeitnehmer leiden unter der hohen Inflation von zehn Prozent. „Die frisst ihnen die Löhne auf. Sie sind enttäuscht.“

Auch deshalb überlegen Arbeitgeber genau, was sie ihren Angestellten zumuten. Über Öffnungszeiten entschieden sie darum jeden Tag neu. „Die Zahl qualifizierter Arbeitskräfte ist ohnehin gering“, sagt Kammerchef Herret. „Die meisten Betriebe haben ihre Leute selbst ausgebildet und werden nicht riskieren, sie zu verlieren, selbst wenn jetzt die Umsätze zurückgehen.“ In ein paar Monaten fehlen sie sonst.

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