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Piepenburg

© ddp

Unternehmen: Pin-Töchter müssen in die Insolvenz

Weitere 19 Tochterfirmen der Pin Group melden noch diese Woche Insolvenz an - gleichzeitig bestätigt der Postzusteller die Umstellung auf Mindestlohn.

Der angeschlagene Briefzusteller Pin Group wird seinen 9000 Beschäftigten ab sofort den gesetzlichen Mindestlohn zwischen acht und 9,80 Euro pro Stunde zahlen. Damit bestätigte das Unternehmen Informationen des Tagesspiegels. Die Zahlung des Mindestlohns sei schon deshalb notwendig, um öffentliche Auftraggeber wie etwa Ministerien nicht als Kunden zu verlieren, begründete Pin-Chef Horst Piepenburg am Mittwoch den Schritt. Auch in Berlin, wo zum Beispiel die Senatsverwaltung zu den Pin-Kunden gehört, werde der Lohn rückwirkend zum 1. Januar 2008 gezahlt.

Der Fortbestand des Unternehmens, das mehrheitlich dem Medienkonzern Axel Springer gehört, ist allerdings weiterhin nicht gesichert. Springer hatte Pin vor Weihnachten den Geldhahn zugedreht. Noch in dieser Woche wird Piepenburg für 19 weitere Tochterfirmen Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit anmelden. Damit sind inzwischen 37 der insgesamt 91 operativen Gesellschaften und mit rund 7000 zwei Drittel aller Mitarbeiter von der Insolvenz betroffen. Damit sei das Ende der Fahnenstange vorerst erreicht, sagte er. Alle anderen Töchter seien zunächst nicht bedroht, langfristig könnten durch die höheren Löhne aber auch bei ihnen Probleme entstehen. Der Berliner Standort mit rund 1200 Mitarbeitern sei nach wie vor profitabel, sagte Alexander Seyferth, Mitglied der Geschäftsleitung der Berliner Pin Mail AG, dieser Zeitung auf Anfrage. Man habe in den vergangenen Wochen sogar weitere Kunden hinzugewinnen können.

Die Mehrbelastung durch den Mindestlohn war während der politischen Diskussion um die Einführung auf 30 bis 45 Millionen Euro beziffert worden. Piepenburg wollte diese Zahl am Mittwoch nicht bestätigen, erklärte aber, dass das Insolvenzgeld einen erheblichen Teil der Mehrbelastung auffange. Alexander Seyferth von der Berliner Pin Mail AG sagte, man befürchte Mehrkosten von rund 20 Prozent des hiesigen Umsatzes. Eine genaue Zahl nannte er aber nicht. Springer hatte die Zahlungen an Pin eingestellt, nachdem der Bundestag den Post-Mindestlohn beschlossen hatte. Laut Springer lassen die Zusatzkosten durch den Mindestlohn Pin keine Chance, dem Branchenprimus Deutsche Post auf Dauer Konkurrenz zu machen. Ein Minderheitseigner der Pin Group ist auch der Holtzbrinck-Verlag, in dem der Tagesspiegel erscheint.

Seine Bemühungen, neue Investoren für das angeschlagene Unternehmen zu finden, sieht Piepenburg durch die Entscheidung für den Mindestlohn nicht gefährdet. Der Schritt schaffe Rechtssicherheit für Kaufinteressenten. Zudem werde zumindest in diesem Jahr ein Großteil der Mehrbelastung durch den Mindestlohn dadurch aufgefangen, dass die insolventen Tochterunterfirmen drei Monate lang von der Lohnzahlung befreit seien. Die Beschäftigten erhielten solange Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Dieses Insolvenzgeld werde durch Arbeitgeberbeiträge an die Berufsgenossenschaften finanziert und nicht durch den Steuerzahler, betonte Piepenburg.

„Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen“, kommentierte Verdi-Vorstand Andrea Kocsis die Entscheidung der Pin Group, den Mindestlohn zu zahlen. Während bei Pin Seriosität Einzug gehalten habe, wirtschafteten andere Unternehmen wie TNT in der Illegalität. Gesetzesbrecher hätten auf dem Markt nichts zu suchen, sagte Kocsis. TNT weigert sich weiter, den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Begründet wird dies mit einem separaten Tarifvertrag. (agr /HB/Tsp)

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