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Wirtschaft: Unternehmerfamilie Quandt: Die Perle des Imperiums hat Glanz verloren

Genau ist der Wert des Familienvermögens nicht bekannt. Vor einigen Monaten wurde es auf 40 Milliarden Mark geschätzt.

Genau ist der Wert des Familienvermögens nicht bekannt. Vor einigen Monaten wurde es auf 40 Milliarden Mark geschätzt. Seitdem hat die Bayerische Motoren Werke (BMW) AG als langjährige Perle des Familienimperiums allerdings stark an Glanz und Börsenwert gewonnen. Ein paar Milliarden Mark mehr dürften es also mittlerweile geworden sein, über die die Familie Quandt, mit gut 46 Prozent BMW-Großaktionär, heute rechnerisch verfügt. Aber so wichtig sei das nicht, die eine oder andere Milliarde hin oder her, heißt es aus dem Umfeld der Betuchten. Der Ehrlichkeit halber sei angemerkt, dass dieser Ausspruch aus dem Zusammenhang gerissen ist und aus einer Zeit stammt, da BMW noch unter der Last ihrer einstigen Verlusttochter Rover ächzen musste.

Die Quandts stehen zu ihrem Engagement und würden auch die eine oder andere Milliarde opfern, um Rover zu sanieren, war damals mit dem Ausspruch gemeint. Wie die Sache ausgegangen ist, weiß man mittlerweile. Das Opfer war vergebens. BMW ist aber nicht alles, was den Stempel der Quandts trägt, die vom US-Magazin Forbes 1997 zur reichsten Familie Deutschlands gekürt worden sind. Zu ihrem Einflussbereich zählen auch der Pharmaspezialist Altana AG oder die Delton AG (Mode), beide in Bad Homburg und jeweils Unternehmen mit Milliardenumsatz. Eine Familienholding wie bei anderen Clans gibt es nicht.

Groß- oder Mehrheitsaktionär sind jeweils drei Einzelpersonen, Stefan Quandt (34), seine verheiratete Schwester Susanne Klatten (38) und deren 73-jährige Mutter Johanna Quandt. Ihr Mann, Herbert Quandt, der als Retter von BMW in die deutsche Wirtschaftsgeschichte eingegangen ist, war 1982 gestorben. Eltern und Kinder repräsentieren zwei von drei Unternehmergenerationen der Dynastie Quandt. Deren Grundstein hatte Günther Quandt (1881 bis 1954) nach dem Ersten Weltkrieg in Branchen wie Maschinenbau, Textil oder Batterien gelegt und am Ende Beteiligungen an fast 200 Firmen angehäuft. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den Günther Quandt als Mitläufer des Nazi-Regimes überstanden hatte, traten seine Söhne Harald und Herbert das Erbe an. Dabei fungierte Herbert nach dem Tod seines Bruders zunächst als Familienoberhaupt. Streits im Clan führten dann zur Aufteilung des Industriebesitzes unter den Familienmitgliedern. Dabei landeten unter anderem die BMW-Anteile bei Herbert Quandt, der den Autobauer vor 40 Jahren vor dem Zugriff des damaligen Daimler- Konzerns bewahrte.

Wenn heute von der Industriellenfamilie die Rede ist, wird damit verkürzend der Herbert Quandt nachfolgende Zweig gemeint. Seit dessen BMW-Engagement 1959/60 umrankt das Verhältnis der Familie zum weiß-blauen Konzern etwas Legendäres. Andere Industriebeteiligungen werden darüber fast übersehen. Zweifellos ist BMW allerdings das Flaggschiff im industriellen Familienbesitz, der diskret aus dem Hintergrund geführt wird. Lange saß Johanna Quandt im Münchner Aufsichtsrat. Jetzt ist das ein Privileg ihrer Kinder Susanne und Stefan, beides studierte Betriebswirte und mit Sitz in diversen weiteren Aufsichtsgremien. Und mehr denn je sind die Quandts heute ein Garant für die Eigenständigkeit von BMW, wie das Rover-Fiasko gezeigt hat.

Über ihren Führungsstil ist offiziell wenig bekannt, weil die Familie traditionell die Öffentlichkeit scheut. Ein Vertrauter charaktisierte sie als unternehmerische Aktionäre, die das operative Geschäft dem Management überlassen und sich selbst strategischen Fragen widmen. Eine Anekdote könnte dieses Wirken beschreiben. Anfang 1999 wurde ungeachtet offizieller Dementis kolportiert, der damalige BMW-Chef Bernd Pischetsrieder wackle im Amt und auch der bis dahin stets als zweiter Mann gehandelte Vorstand Wolfgang Reitzle habe beim weiß-blauen Konzern keine Zukunft mehr. Während Pischetsrieders Fall wegen der Rover-Misere nicht überraschte, verwunderte der von Reitzle Außenstehende umso mehr. Vor allem galt das für die dazu überlieferte Begründung. Reitzle soll wegen seines privaten Lebenswandels bei den Quandts in Ungnade gefallen sein, hieß es aus dem Umkreis der Familie. Stimmt das, wäre BMW vollends ein Unikum im erlauchten Kreis der im Dax notierten Konzerne, dominiert von der Familie Quandt, einem Urgestein deutscher Unternehmergeschichte.

Thomas Magenheim-Hörmann

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