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Ronald Lauder kam als Investor in Berlin nicht an. Das ärgert ihn bis heute.

© Thilo Rückeis

US-Milliardär Lauder: "Berlin ist wirtschaftsfeindlich und antikapitalistisch"

"Arm, aber sexy – das bietet nicht wirklich viel Potenzial": US-Milliardär Ronald Lauder beklagt ein wirtschaftsfeindliches Klima in Berlin und macht dafür den Regierenden Bürgermeister verantwortlich.

Herr Lauder, der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, hat Sie den reichen Onkel aus Amerika genannt…

… das hat mir gar nicht gefallen!

Warum nicht?

Ich wollte in Berlin investieren. Dadurch, dass er mich den reichen Onkel aus Amerika nannte, hat Klaus Wowereit alles negiert, was ich für die Stadt tun wollte. Berlin braucht reiche Onkel! Die meisten Bürger der Stadt zahlen keine Steuern, weil sie keine Arbeit haben, zu wenig verdienen oder im Ruhestand sind. Wo soll das Geld herkommen? Berlin öffnet sich nicht für Investoren, Berlin unter Klaus Wowereit ist antikapitalistisch. Meine Erfahrung mit Tempelhof hat andere Investoren verschreckt. Das spricht sich doch rum. So groß ist diese Welt nicht, wir kennen uns alle. Der Senat hat mir zwei klare Signale gegeben: Behalt dein Geld, und uns ist egal, ob du 5000 Arbeitsplätze schaffen willst. Die haben meine Pläne für Tempelhof unausgegoren und verrückt genannt, aber inzwischen entsteht in Schönefeld ein ganz ähnliches Projekt. Dabei hätte Tempelhof mit seinem fantastischen Gebäude viel besser funktioniert.

Berlin hatte eben entschieden, Tempelhof als Flughafen zu schließen, aber Sie wollten das nicht akzeptieren.

Ich habe das nie verstanden. 530 000 Menschen haben dagegen gestimmt, es passierte trotzdem. Dabei gibt es kaum eine Metropole in der Welt, die mit nur einem Flughafen auskommt. Ich bin diesmal in Tegel angekommen: Ein großartiger Flughafen, aber Berlin schließt ihn auch. Warum bloß? Es gibt noch einen Punkt: Große Investoren und Konzernchefs kommen fast alle mit einem Privatflugzeug und wollen schnell zu ihren Terminen. Künftig braucht man dafür in Berlin viel mehr Zeit. Da überlegt man sich, ob man Geschäfte in Berlin macht.

New York könnte ein Vorbild sein: Dort fliegen Hubschrauber ins Stadtzentrum.

Und wo soll der Hubschrauber in Berlin landen? Um einen Rundflug zu machen, komme ich nicht her.

Sie scheinen sich für die Berliner Lokalpolitik zu interessieren.

Ich war immer ein Fürsprecher von Berlin, ich liebe Berlin. Aber manche Dinge verstehe ich nicht. Sie haben ja in zwei Wochen eine Wahl hier, aber davon merkt man nicht viel. Ich sehe die Plakate, aber ich kann nicht erkennen, worum sich der Wahlkampf dreht. Es scheint mir, dass niemand den anderen angreifen will. Dabei gibt es doch wichtige Themen: Wirtschaft, Bildung, Gesundheit. Wann soll man darüber debattieren, wenn nicht im Wahlkampf? Ich kenne das aus den USA anders, ich habe mich 1989 um das Amt des New Yorker Bürgermeisters beworben. Mein Wahlkampf war sicher nicht der beste der Welt, aber er hat sich um Themen gedreht. Davon sehe ich hier nichts. Auch die Runde der Spitzenkandidaten im Fernsehen am Dienstag war keine Debatte.

Wo liegen Investitionschancen in Berlin?

Berlin muss mit Standorten in der ganzen Welt konkurrieren. Warum sollte man hier, wo Investoren offensichtlich nicht willkommen sind, investieren? Man kann an so vielen Orten so viele großartige Geschäfte machen, Berlin muss es nicht sein. Ich konzentriere mich in Berlin auf die Aktivitäten meiner Stiftung.

Aber die wirtschaftliche Lage Berlins hat eine Geschichte. Nach Krieg und Mauerbau haben viele Unternehmen die Stadt verlassen, und sie kommen nicht zurück.

Warum denn nicht? Es gibt dafür einen Grund: Berlin hat eine wirtschaftsfeindliche Atmosphäre.

Lesen Sie auf Seite 2, was Lauder zu weltweiten Schuldenkrise und einer möglichen Reichensteuer sagt.

Berlin ist wie viele öffentliche Haushalte hoch verschuldet. Sollten Reiche wie Sie nicht höher besteuert werden? Einige prominente Reiche fordern das ja sogar.

Reiche Menschen schaffen Arbeitsplätze. Arme Menschen schaffen keine Arbeitsplätze. Wenn Sie reiche Menschen zu hoch besteuern, ziehen sie sich zurück. Die Politik sollte sich lieber darum kümmern, Investoren zu helfen, Wachstum und Arbeitsplätze zu schaffen, statt über höhere Steuersätze nachzudenken. Die Krise werden wir nur mit Wachstum überwinden. Arm, aber sexy – das bietet nicht wirklich viel Potenzial.

Ist nicht die Krise auch deswegen entstanden, weil Investoren zu geldgierig waren?

Ich will Ihnen zugestehen, dass einiges schiefgelaufen ist. Ich denke, das Kernproblem war, dass Investoren ihr Geld von links nach rechts und dann wieder von rechts nach links geschoben haben. Für mich geht es nicht darum, Unternehmen billig aufzukaufen, alles zusammenzustreichen und mit Gewinn zu verkaufen. Das ist nicht gesund, das schafft keine Arbeitsplätze. Für mich heißt Wachstum, etwas Neues aufzubauen. Und die Politik hat die Aufgabe, eine Atmosphäre zu schaffen, die das ermöglicht. Reich zu sein, darf kein Makel sein. Klaus Wowereit könnte die 20 reichsten Menschen der Stadt an einen Tisch setzen und fragen, was getan werden kann, um Berlin voranzubringen. Aber ich weiß gar nicht, ob Berlin überhaupt noch 20 reiche Menschen hat. Man sieht und hört von ihnen nichts. Und das verstehe ich. Man hat in Berlin nichts davon, wenn man erkennen lässt, dass man Geld hat.

Was bauen Sie denn auf?

Seit 15 Monaten baue ich ein internationales Wasserunternehmen auf. Es ist noch nicht riesig, aber es hat eine schöne Größe und wächst schnell. Ich habe übrigens auch vor Jahren versucht, die Berliner Wasserbetriebe zu kaufen, aber das hat nicht geklappt. Heute würde ich es nicht mehr machen. Die Kanäle und Rohre sind jahrzehntealt, da wären enorme Investitionen nötig. Wir machen viel in den BRIC-Staaten, also in Brasilien, Russland, Indien und China.

Warum?

Sie müssen sich vorstellen, dass 97 Prozent des weltweit verfügbaren Wassers untrinkbar ist. Es ist salzig oder verschmutzt. Zwei Prozent stecken im Eis von Arktis und Antarktis. Damit bleibt der Menschheit ein Prozent. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung muss man diesen Anteil mit Kläranlagen, Entsalzung und neuen Brunnen vergrößern. Wenn das nicht gelingt, wird die Menschheit bald nicht genug Wasser haben. Das ist eine elementare Aufgabe – und ein ausgesprochen interessantes Geschäftsfeld.

Sie sind auch Präsident des Jüdischen Weltkongresses. Stabilisieren die Revolutionen in der arabischen Welt den Friedensprozess in Nahost, oder gefährden sie ihn?

Beides. Eine ganze Generation ist aufgestanden, um die herrschende Klasse fortzujagen. Diese jungen Menschen hatten keine Jobs und keine Mitsprache. Es ist ein bisschen so wie in Deutschland zur Zeit der Baader-Meinhof-Gruppe. Es waren nur wenige, aber sie haben das Klima in Deutschland verändert und für einen Generationswechsel gesorgt. Ich weiß nicht, wie es in der arabischen Welt weitergeht, aber ich glaube nicht daran, dass sich jetzt die Demokratie ausbreitet. Der Sturz von Hosni Mubarak hat Ägypten zu einem gefährlichen Nachbarn Israels gemacht, wie sich gerade in Eilat gezeigt hat. Der arabische Frühling kompliziert den Friedensprozess, so viel ist sicher.

Und wie soll es da weitergehen?

Die Palästinenser haben beantragt, in die Uno aufgenommen zu werden. Das darf nicht passieren. Man kann nicht ein Staat sein und doch kein Staat sein. Es würde die Friedensverhandlungen erschweren. Der Druck, sich zu einigen, nähme ab. Deutschland muss im Sicherheitsrat an der Seite der USA gegen die Aufnahme der Palästinenser stimmen. Eine Enthaltung kommt diesmal nicht in Frage.

Das Interview führte Moritz Döbler.

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