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Falsche Hoffnungen. Tony Hayward wirkte beim Besuch des Katastrophengebiets ausgelaugt. Der BP-Chef wollte eine andere Unternehmenskultur – und ist gescheitert. Foto: AFP

© AFP

USA: Das Gesicht der Ohnmacht gegen die Ölpest

Die Kritik am Krisenmanagement von BP-Chef Tony Hayward wächst.

London/New York - Selten wurde ein Manager von der Wirklichkeit so entzaubert wie BP-Chef Tony Hayward. Seit Beginn der Krise am Golf von Mexiko hatte er immer wieder versprochen, das Leck zu beheben. „Wir werden das Problem in den Griff bekommen“, sagte er am 15. Mai. „Bisher funktioniert alles nach Plan“, hieß es noch vor wenigen Tagen. Am Wochenende musste Hayward einräumen, dass alle bisherigen Versuche, das defekte Ventil abzudichten, misslungen sind. Das Öl sprudelt ungehindert weiter. Das Geschehen sei eine Katastrophe, sagt nun auch er. Es ist vor allem seine Katastrophe.

Fast sechs Wochen sind seit der Explosion der Bohrinsel, die im Auftrag von BP betrieben wurde, vergangen. Immer neue Enthüllungen machen deutlich, dass BP es mit der Sicherheit auf der Ölplattform nicht so ernst genommen hat und daher das Unglück möglicherweise mitverschuldet hat. So hat das Unternehmen ein billigeres Verfahren gewählt, um das Bohrloch zu ummanteln. Zudem hat BP an Zentriervorrichtungen gespart. Die Firma Halliburton hatte 21 vorgeschlagen, der Konzern baute nur sechs dieser technischen Komponenten ein.

BP hat es bislang abgelehnt, sich konkret zu den Vorwürfen zu äußern. Die Untersuchungen dauerten noch an, hieß es dazu. Doch schon jetzt steht fest: Tony Hayward, der Mann, der vor drei Jahren angetreten war, um den Konzern aus den Negativschlagzeilen zu holen, der den damaligen Sicherheitsproblemen des britischen Unternehmens ein Ende bereiten sollte, dieser Mann ist damit gescheitert. Nun dürften seine Tage gezählt sein.

Die Katastrophe hat BP bislang knapp eine Milliarde Dollar gekostet. Die Gesamtausgaben könnten auf bis zu 60 Milliarden Dollar steigen, wenn die amerikanische Umweltbehörde am Ende die Maximalstrafen gegen BP verhängen sollte. Zum Vergleich: Analysten gehen bislang davon aus, dass das Unternehmen in diesem Jahr einen Gewinn von mehr als 20 Milliarden Dollar erwirtschaften wird. Im ersten Quartal lag das Plus bei gut sechs Milliarden Dollar.

Inzwischen äußern auch einige BP-Aktionäre Kritik am Krisenmanagement von Hayward und sorgen sich um ihre bislang üppige Dividende. „Hayward wird daran gemessen, wie die Dividende ausfällt“, sagte ein Anteilseigener. „Wird er sie kürzen müssen wegen der Ölkatastrophe, kann er sich möglicherweise einen neuen Job suchen.“ Andere Anteilseigner belassen es nicht bei kritischen Worten. So hat eine Aktionärin das Unternehmen verklagt. BP habe auf Kosten der Sicherheit gespart, heißt es in der Klageschrift. Und weiter: Schon in der Vergangenheit habe das Unternehmen Sicherheitsauflagen ignoriert – mit dramatischen Folgen.

So kam es 2005 in einer BP-Raffinerie in Texas zu einer Explosion, bei der 15 Menschen starben und über 170 verletzt wurden. Wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften wurde BP zu 87 Millionen Dollar Strafe verurteilt. 2006 lief aus einer lecken Pipeline in Alaska, die dem Konzern gehört, Öl aus. Die Behörden wiesen BP nach, die Sicherheit massiv vernachlässigt zu machen. Das Unternehmen zahlte 20 Millionen Dollar.

Ein Jahr später übernahm Tony Hayward den Job an der BP-Spitze von John Browne – dem Mann, der BP zu einem Großen in der Ölbranche gemacht hatte, offenbar aber auf Kosten der Sicherheit. Hayward versprach, Vorfälle wie in Texas und in Alaska würden sich nicht wiederholen. Noch wenige Tagen vor dem Unglück im Golf von Mexiko betonte er: „Wir haben die Unternehmenskultur komplett umgekrempelt, und das ist nicht umkehrbar.“ Hayward hat sich offenbar geirrt. A. Dörner, K. Slodczyk (HB)

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