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Noch die Ausnahme. Jeder fünfte Vater nimmt sich eine berufliche Auszeit, wenn das Kind da ist. Seit drei Jahren unterstützt das der Staat mit rund zwei Dritteln des bisherigen Netto-Einkommens – bis zu maximal 1800 Euro. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Wirtschaft: Vater sein dagegen sehr

Elternzeit für Männer: Wie die Auszeit nicht zum Karriereknick führt

Das Baby ist da, und Papa ist stolz wie Oskar. Dann kommt das große Grübeln: Kann ich mir eine Auszeit im Job erlauben? Und wie soll ich's dem Chef sagen? Experten zufolge werden Väter wegen einer Babypause aber längst nicht mehr schief vom Chef angesehen.

Ein Kind zu kriegen, stellt nicht nur berufstätige Mütter vor Herausforderungen im Job. Auch werdende Väter haben mit Unsicherheiten zu kämpfen. Was wird sich alles ändern durch das Leben zu dritt? Seit 2007 stellen sich viele noch eine Frage: Gehe ich in Elternzeit? Immerhin bietet der Staat rund zwei Drittel des bisherigen Netto-Einkommens bis zu einem Betrag von 1800 Euro an.

Bleiben Väter mindestens zwei Monate zu Hause, verlängern sie damit den gesamten Elterngeldbezug auf bis zu 14 Monate.

„Es gibt immer noch Väter, die befürchten, in der Firma aufs Abstellgleis zu geraten, wenn sie in Elternzeit gehen“, sagt Eberhard Schäfer, Leiter des Väterzentrums Berlin. Auch möchten viele Männer nicht als Hausmann gelten, der lieber Windeln wechselt als das nächste spannende Projekt zu betreuen.

Das mag ein Grund sein, warum die Quote der Männer unter den Elterngeldbeziehern derzeit nur bei rund 20 Prozent liegt. Viele Sorgen seien aber unbegründet, sagt Schäfer. „Es gibt einige Väter, bei denen ist es gar kein Problem, Elternzeit zu nehmen.“ Ähnlich sieht das der Karrierecoach Hans-Georg Huber aus Freiburg: „Derzeit findet ein Wandel statt in den Betrieben, die Elternzeit für Väter wird immer weniger exotisch.“ Wichtig sei, dass man mit seinem Chef offen und vor allem frühzeitig über die geplanten Vätermonate spricht. Dann gelinge der vorübergehende Ausstieg meist reibungslos. Das meint auch Laufbahnberaterin Julia Funke aus Frankfurt am Main: „Ich würde es kommunizieren, sobald ich weiß, wann und für wie lange ich in Elternzeit gehen will, und bloß nicht warten, bis es fünf vor zwölf ist.“ Denn der Chef muss etwa Projekte neu besetzen und die Personalplanung ändern.

Wer sich vor dem Gespräch überlegt, welche Probleme auf den Vorgesetzten zukommen, hält am besten schon Lösungsansätze bereit. „Es ist immer gut, Kooperationsbereitschaft zu zeigen“, rät Funke. Vielleicht kann man sich darauf einigen, einen Tag in der Woche für wichtige Kunden erreichbar zu sein. Laut Gesetz dürfen Väter und Mütter in Elternzeit bis zu 30 Stunden pro Woche arbeiten. Der Lohn wird entsprechend vom Elterngeld abgezogen.

Generell gilt: „Zwei Monate Väterzeit machen am wenigsten Karriereprobleme“, sagt Funke. Je länger Väter wegbleiben, desto schwieriger könne es aber werden. „Dann tritt derselbe Effekt ein wie bei Frauen auch: Interessante Projekte laufen ohne einen weiter, und man ist erst einmal raus.“ Dadurch könne ein Karriereknick entstehen. Ein Karrierekiller sei das aber meist nicht.

Der Statistik zufolge steigen nur wenige Männer wirklich lange aus dem Berufsleben aus. Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden blieben drei Viertel der männlichen Elterngeldbezieher im ersten und zweiten Quartal 2010 zwei Monate zu Hause. Nur rund 17 Prozent betreuten ihren Nachwuchs sechs Monate und länger.

Die Altersstatistik zeigt dabei, dass ein Großteil der männlichen Elterngeldbezieher zwischen 30 und 40 Jahre alt ist – mehr als 60 Prozent. Im Berufsleben ist das eine Zeit, in der es oft die ersten wichtigen Stufen auf der Karriereleiter hinaufgeht. Das macht die Entscheidung für die Familie nicht leichter, wie Führungskräftecoach Hans-Georg Huber erläutert: „Je höher die Position in einem Unternehmen, desto schwieriger wird es, länger weg zu bleiben.“ Führungskräfte müssten eventuell auf „Stand-by“ bleiben, damit Entscheidungsprozesse nicht stocken.

Andererseits können ein oder zwei Monate Väterzeit gerade für Führungskräfte von Vorteil sein. „Es gibt Seminare und Workshops, die darauf abzielen, Führungskräfte aus dem Alltag rauszuholen, um ihnen neue Erfahrungen und Blickwinkel zu ermöglichen“, sagt Huber. So gesehen ist die Elternzeit geradezu ein Fortbildungsprogramm, das den eigenen Horizont erweitern kann. „Der 24-Stunden-Job als Vater ist für viele Männer eine neue Welt mit umgekehrten Vorzeichen.“ Kennt man es als Chef eher, Antworten zu geben und Richtungen zu weisen, kommen als Vater immer wieder neue Fragezeichen auf – denn hier dominiert das Kind.

„Gute Führungskräfte zeichnet es aus, unterschiedliche Blickwinkel annehmen zu können“, findet Huber.

Auch Laufbahnberaterin Julia Funke meint: „Die Elternzeit können Männer auch als super Chance sehen, einmal rauszukommen und sich zu überlegen, wo es hingehen soll.“ Mancher verbindet seine Vätermonate dann vielleicht mit Neuorientierung und Firmenwechsel.

Ob neue oder alte Firma – Väter sollten wissen, dass der Wiedereinstieg holprig sein kann. Das gilt vor allem dann, wenn man längere Zeit weg war, sagt Väterberater Eberhard Schäfer. „Man sollte sich schon auf eine gewisse Einarbeitungszeit einstellen.“ Womöglich ist der Schreibtisch noch von demjenigen besetzt, der einen vertreten hat. Oder es gab Änderungen im Arbeitsablauf, die man nun verpasst hat.

Abschrecken muss das Väter jedoch nicht: Wer vor der Elternzeit einen guten Job gemacht hat, schafft das danach auch wieder. dpa

Vivien Leue

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