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Vattenfall baut ab: In Deutschland 1500 Arbeitsplätze weg

Von insgesamt 20 000 Stellen sollen 1500 in Berlin, Hamburg und Cottbus gestrichen werden. Gewerkschaft: Völlig überzogen.

Berlin - Ob das ein Zufall ist? Einen Tag vor Warnstreiks und einer Demonstration bei der deutschen Vattenfall-Zentrale in Berlin-Mitte kündigte die Konzernspitze in Stockholm einen „Konsolidierungskurs zur weiteren Kostensenkung“ an. Gemeint ist vor allem der Abbau von Arbeitsplätzen. In Deutschland sollen 1500 der rund 20 000 Stellen gestrichen werden, hieß es am Mittwoch in einer Mitteilung. Welche Mitarbeiter an welchen Standorten betroffen sind, ist angeblich noch offen. „In Deutschland liegt der Schwerpunkt der Kostensenkungsmaßnahmen auf der weiteren Vereinfachung von Strukturen und der Zusammenlegung von Aufgaben aus den Supportbereichen“, heißt es in der Mitteilung des Konzerns. Mit Supportbereichen sind vor allem Verwaltungs- und administrative Funktionen gemeint.

Hierzulande sind die Standorte Cottbus (in der Lausitz insgesamt hat Vattenfall gut 8000 Mitarbeiter), Berlin (5500) und Hamburg (4000) betroffen. Bis Ende nächsten Jahres möchte Vattenfall die Gesamt-Mitarbeiterzahl von derzeit 34 000 um 2500 reduzieren. Knapp 1000 Stellen werden den Planungen zufolge in Schweden und in den Niederlanden gestrichen.

Konzernchef Øystein Løseth will am heutigen Donnerstag in der Berliner Zentrale den Aufsichtsrat der deutschen Vattenfall über den Personalabbau und sonstige Pläne informieren. Ende vergangener Woche hatte der Konzern überraschend angekündigt, sein sächsisches Braunkohlekraftwerk in Lippendorf zum Verkauf stellen zu wollen. „Die Welt hat sich verändert“, sagte Løseth am Mittwoch in Stockholm. Und um der „neuen Realität“ gerecht zu werden, müsse man eben in diesem und im nächsten Jahr 540 Millionen Euro sparen. Ulrich Freese, der für die Gewerkschaft IG BCE im Aufsichtsrat der deutschen Vattenfall sitzt, bewertete den Stellenabbau als „überzogen und nicht nachvollziehbar“. Deutschland sei für Vattenfall noch immer ein „hochprofitabler Standort, an dem Milliarden erwirtschaftet werden“.

Konzernchef Løseth dagegen rechnet in den kommenden Jahren mit einer schwachen Stromnachfrage „und gleichbleibend niedrigen Großhandelsstrompreisen und Margen“. Neben dem Stellenabbau werde man deshalb „sehr diszipliniert“ investieren und Unternehmensbereiche verkaufen. Neben dem Kraftwerk Lippendorf und dem „dänischen thermischen Erzeugungsgeschäft“ beinhalte das die „mögliche Veräußerung unrentabler Bereiche und einiger Nicht-Kerngeschäfte“. Konkreter wurde Løseth nicht. Tatsächlich aber braucht er Geld, weil die Übernahme des niederländischen Versorgers Nuon vor einigen Jahren für knapp zehn Milliarden Euro den Konzern stark belastet. Nuon betreibt vor allem Gaskraftwerke, und das Geschäft ist wegen der Energiewende und des rasanten Ausbaus der Erneuerbaren kaum noch rentabel zu betreiben.

Den nun angekündigten Stellenabbau will Vattenfall-Chef Løseth „sozialverträglich in einem engen Dialog“ mit den Arbeitnehmervertretern umsetzen. Diese haben für den heutigen Donnerstag unter dem Motto „Jetzt reicht’s“ zur Demonstration vor der Zentrale in der Berliner Chausseestraße aufgerufen. Dabei geht es um mehr Geld (6,5 Prozent) und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2020. Ferner wollen die Gewerkschaften die unbefristete Übernahme von Azubis durchsetzen. In bislang zwei Verhandlungsrunden waren die beiden Seiten nicht weit gekommen. Das Angebot der Vattenfall-Führung, die Gehälter in diesem Jahr um 2,2 Prozent und 2014 um 1,6 Prozent zu erhöhen sowie Mitte 2014 den Beschäftigten einmalig 200 Euro zu zahlen, wiesen die Gewerkschaften als „völlig unzureichend“ zurück. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 20. März angesetzt. Dann könnte auch feststehen, wann und wo und zu welchen Bedingungen die 1500 Stellen hierzulande gestrichen werden.

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