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Wirtschaft: Veba/Viag und RWE/VWE-Vereinigung stößt bei Bundeskartellamt zunehmend auf Skepsis

Die geplante Fusion der Stromkonzerne Veba/Viag und der Zusammenschluss von RWE und VEW stößt zunehmend auf Skepsis beim Bundeskartellamt. Wie der Präsident der Wettbewerbsbehörde, Dieter Wolf, in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte, verkompliziert die neue Verbändevereinbarung zur Stromdurchleitung die Fusionsvorhaben.

Die geplante Fusion der Stromkonzerne Veba/Viag und der Zusammenschluss von RWE und VEW stößt zunehmend auf Skepsis beim Bundeskartellamt. Wie der Präsident der Wettbewerbsbehörde, Dieter Wolf, in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel betonte, verkompliziert die neue Verbändevereinbarung zur Stromdurchleitung die Fusionsvorhaben. Nach der am Montag von den Branchenverbänden unterzeichneten Vereinbarung soll der Strommarkt in zwei Handelszonen - Nord und Süd - geteilt werden. Das Bundeskartellamt hatte jedoch stets betont, dass eine Genehmigung der Stromfusionen nur dann in Frage kommt, wenn aus den bislang regional abgeschotteten Strommärkten ein offener bundesdeutscher Markt wird.

"Die Durchleitung von Strom muss praktizierte Realität werden", forderte Wolf. Nur dann könne man von einem einheitlichen deutschen Strommarkt ausgehen. "Jeder Stromkunde, egal ob er im Norden oder im Süden wohnt, muss seinen Strom bei jedem Lieferanten bestellen können". Dies könnte durch die neue Verbändevereinbarung, die am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten soll, gefährdet werden. Danach soll der Saldo der Strommengen, die zwischen dem Norden und Süden ausgetauscht werden, mit einer Gebühr von 0,25 Pfennig pro Kilowattstunde verrechnet werden.

Die geplante Fusion der größten vier Stromanbieter in Deutschland zu einem Duopol sei "ohnehin schwierig genug", betonte Wolf, der am Jahresende aus Altersgründen das Kartellamt verlässt und von Ulf Böge aus dem Bundeswirtschaftsministerium abgelöst wird. Allerdings seien die Unternehmen nicht verpflichtet, sich an die Nord-/Süd-Aufteilung zu halten. Wenn Veba/Viag und RWE/VEW darauf verzichten, Gebühren für den Stromaustausch zwischen den Zonen zu erheben, dürfte das die Chancen für eine Genehmigung der Zusammenschlüsse erhöhen.

Doch auch das dürfte wahrscheinlich nicht reichen. Die Wettbewerbshüter stoßen sich nämlich auch daran, dass alle vier Fusionskandidaten Gesellschafter des ostdeutschen Energieunternehmens Veag sind. "Die Firmen müssen diese gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen kappen", kritisiert Wolf. Denn ein Duopol auf dem deutschen Strommarkt, gepaart mit einer weiteren Verflechtung dieser Konzerne über die Veag schürt beim Bundeskartellamt den Verdacht einer gemeinsamen Marktbeherrschung. Ausweg: Alle vier Unternehmen sollen sich aus der Veag zurückziehen. Stattdessen soll der Ost-Versorger zu einem dritten starken Anbieter auf dem Markt werden. Interessenten für die Veag, so Wolf, gebe es genug.

Nach dem Willen des Bundeskartellamts sollen beide Stromfusionen von den deutschen Wettbewerbshütern entschieden werden. Zwar wäre der geplante Zusammenschluss von Veba und Viag von seiner Größenordnung her ein Fall für die EU-Kommission, doch ist Wolf zuversichtlich, dass Brüssel den Fall auf Antrag des Bundeskartellamtes an die Bonner zurückverweist. Dafür sprächen zwei Gründe: Erstens seien die Auswirkungen eines solchen Zusammenschlusses auf den deutschen Markt beschränkt, zweitens müsse der Fall Veba/Viag in Verbindung mit RWE/VEW gesehen werden - einem rein deutschen Fall. "Es macht wenig Sinn, einen Teil in Brüssel und einen Teil in Bonn entscheiden zu lassen", so Wolf. Die Aufsichtsräte von Veba und Viag wollen an diesem Donnerstag über die geplante Fusion entscheiden.

Unabhängig von der Frage, welche Rolle die Verbändevereinbarung bei der Konzentration auf dem Strommarkt spielt, muss das Bundeskartellamt auch über die Vereinbarung als solche befinden. Sowohl die deutschen Wettbewerbshüter als auch die EU-Kommission müssen die Verbändeabsprache freigeben, bevor diese in Kraft treten kann. Wie sich die deutschen Kartellwächter entscheiden, sei noch offen, sagte Wolf. Das Zwei-Zonen-Modell sei zwar "unschön", allerdings sei die Vereinbarung insgesamt ein erfreulicher Schritt in die richtige Richtung. So seien die entfernungsabhängigen Durchleitungsgebühren gestrichen worden - eine wichtige Voraussetzungen, um Strom künftig bundesweit an Strombörsen handeln zu können. Und die Vereinbarung von Lastprofilen, mit denen der Stromverbrauch pauschaliert wird, verhindert, dass Privatkunden mit hohen Kosten für den Einbau neuer Stromzähler belastet werden, wenn sie ihren Stromanbieter wechseln wollen. "Eine Abwägung all dieser Vor- und Nachteile ist jetzt nötig", so Wolf.

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