zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Verbände werfen Künast „Schaukampf“ vor

Berlin (asi/brö/uwe). Mit Erstaunen haben Wirtschafts- und Verbraucherverbände auf die Pläne der Bundesverbraucherministerin Renate Künast reagiert, in der kommenden Woche einen Preisgipfel einzuberufen.

Berlin (asi/brö/uwe). Mit Erstaunen haben Wirtschafts- und Verbraucherverbände auf die Pläne der Bundesverbraucherministerin Renate Künast reagiert, in der kommenden Woche einen Preisgipfel einzuberufen. Die Ministerin hatte in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung gesagt, dass sie mit Vertretern des Einzelhandels und des Gaststättengewerbes über die Preiserhöhungen seit der Einführung des Euro reden und sehr schnell dafür sorgen wolle „ dass es wieder faire Preise gibt“.

Rätselraten herrscht bei Verbänden und Volkswirten über den Sinn der Aktion. Klaus Friedrich, Chefvolkswirt der Allianz Gruppe, sagte: „Was will Frau Künast beschließen? Die Euro-Einführung war ein einmaliges Ereignis, nachträgliche Gesetze sind sinnlos.“ Der Verbraucher habe bereits entschieden und strafe Handel und Gaststättengewerbe ab. „Direkt nach der Euro-Umstellung sind die Einzelhandels-Umsätze zurückgegangen - damit reagieren die Verbraucher auf höhere Preise", sagte Friedrich.

Zahnpasta zurück in die Tube drücken

Friedrich meinte, dass politische Aktionen zur Stabilisierung der Preise überflüssig seien: „Das ist so, als wollte sie Zahnpasta zurück in die Tube drücken." Man könne nicht im Nachhinein die Unternehmer bestrafen, die die Preise erhöht haben, allein der Nachweis sei schwierig. Im übrigen zeige die Zurückhaltung der Verbraucher, dass der Markt funktioniere. Das Statistische Bundesamt gab unterdessen bekannt, dass die Inflationsrate im Mai nach vorläufigen Berechnungen nur bei 1,2 Prozent liege.

Auch die Verbraucherverbände lehnten den Preisgipfel der Ministerin entschieden ab. „In Deutschland bestimmt nicht der Staat die Preise“, sagte Carel Mohn, Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV). Statt „den Populismus platt zu bedienen“, forderte Mohn die Bundesregierung zu stärkerer Aufklärung der Bevölkerung über ökonomische Zusammenhänge auf. Es sei „erschreckend, wie wenig Menschen den banalen Zusammenhang kennen, dass sich Preise im Wettbewerb am Markt bilden". Schwere Vorwürfe machen die Verbraucherschützer der Bundesregierung vielmehr wegen der „Versäumnisse im Zusammenhang mit der Euro-Einführung". Mohn bezeichnete es als „erwartbar“, dass sich die Menschen jetzt „abgezockt“ fühlen. Während sich die Regierung auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaft eingelassen habe, seien die emotionalen Auswirkungen der Währungsumstellung unterschätzt worden. „Wir haben ein Informations- und Vermittlungsproblem, das die Regierung seit Monaten wegwischt". Wenn jetzt die Verbraucherministerin zum Euro-Gipfel aufrufe, dann seien das „Schaukämpfe vor der Bundestagswahl“, die „keinen Einfluss auf die Preisentwicklung haben".

Auch der frühere Wirtschaftssachverständige Rolf Peffekoven kritisiert die Aktion der grünen Ministerin als „puren Aktionismus". Der Mainzer Wirtschaftsprofessor sagte, dass Künast „eine typische Wahlkampf-Veranstaltung nach der Devise: Es muss etwas geschehen, aber es darf nichts passieren" inszeniere. Von einer generellen Preissteigerung durch die Euro- Umstellung könne man nicht sprechen, das zeigten die jüngsten Daten zur Inflationsentwicklung.

Müller-Ministerium überrascht

In der Bundesregierung selbst stieß der Plan für einen Euro-Gipfel der Verbraucherministerin am Freitag auf Erstaunen. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) beobachte die Preisentwicklung nach der Euro-Einführung „sehr genau“, hieß es im Wirtschaftsministerium. Ausweislich des Statistischen Bundesamtes sei der Anstieg des Preisniveaus seit Januar aber „sehr moderat“ sagte eine Sprecherin Müllers. Zwar gäbe es einen „Unterschied zwischen realer und gefühlter Preissteigerung". Doch weder die Handels- und Gaststättenverbände, noch die Verbraucherverbände seien deswegen beunruhigt. Beim so genannten Euroforum, einem Gesprächskreis der Verbände und des Wirtschaftsministeriums, seien in den vergangenen fünf Monaten „keinerlei“ Klagen über Preiserhöhungen im Zusammenhang mit der Euro-Einführung eingegangen. Insofern habe das Ministerium keine Veranlassung gehabt, das Euroforum, das im vergangenen September zuletzt tagte, erneut einzuberufen, sagte die Sprecherin des Ministers.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false