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Teure Shoppingtour. Die Preise für Kleidung sind gestiegen. Auch Obst und Alkohol kosten mehr.

© imago/Reporters

Verbraucherpreise: Die Mieten lassen die Inflation steigen

Die Inflation kehrt langsam zurück, die Preise steigen. Vor allem für die Miete zahlen die Deutschen mehr. Welche Folgen das hat.

Von Carla Neuhaus

Steigende Preise machen den Deutschen Angst. Zu präsent ist ihnen die Geschichte der zwanziger Jahre, als die Inflation die Menschen scharenweise in die Armut trieb – als die Preise so rasant stiegen, dass man im Geschäft für ein paar Lebensmittel schnell Millionen zahlte. Entsprechend froh waren viele, dass die Inflation in den letzten Jahren kein großes Thema war. Bis jetzt. Denn die Inflation kehrt zurück – langsam, aber stetig. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, sind die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Prozent gestiegen. Das ist zwar noch ein überschaubarer Anstieg. Doch Experten sprechen von einer Trendwende und sagen eine weiter zunehmende Inflation voraus.

Warum die Preise steigen

Dass die Inflation in den letzten Jahren so niedrig ausgefallen ist, lag vor allem am Rückgang des Ölpreises, wodurch Tanken und Heizen extrem günstig wurde. Das hat das allgemeine Preisniveau kräftig gedrückt. Inzwischen ist Rohöl jedoch nicht mehr so billig wie vor ein paar Monaten, der Preis für ein Barrel (159 Liter) hat sich bei etwa 50 Dollar eingependelt. Deshalb sind Tanken und Heizen zwar derzeit immer noch günstiger ist als vor einem Jahr, doch der Preisverfall schwächt sich immer weiter ab. Hat sich Energie im Juli noch um sieben Prozent verbilligt, zahlten Verbraucher dafür im September schon nur noch 3,6 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Gleichzeitig sind viele andere Dinge teurer geworden. Vor allem die steigenden Mieten machen sich bemerkbar, da Verbraucher ein Fünftel ihrer Ausgaben dafür aufwenden. Laut Statistischem Bundesamt haben die Nettokaltmieten deutschlandweit im Schnitt um 1,3 Prozent zugelegt. Auch Obst, Alkohol, Butter, Schuhe und Kleidung kosten mehr als noch vor einem Jahr.

Wie es weitergeht

Ökonomen gehen davon aus, dass die Preise weiter steigen – allein schon aufgrund der höheren Energiekosten. Schließlich haben sich die erdölexportierenden Staaten, die sich in der Opec organisieren, auf eine Förderkürzung verständigt, um die Preise zu stabilisieren. Je nachdem wie diszipliniert die Opec-Staaten und weitere Förderländer wie Russland und der Iran dabei sind, dürfte der Ölpreis konstant bleiben oder steigen. Gleichzeitig gehen nicht nur Ökonomen davon aus, dass hierzulande der Strom teurer wird. Und dass die Löhne steigen, weshalb viele Unternehmen die Preise ihrer Produkte erhöhen könnten. Die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute sagen deshalb für das nächste Jahr bereits einen Preisanstieg um 1,4 Prozent voraus. Der IWF geht sogar von 1,5 Prozent aus.

Warum Ökonomen für steigende Preise sind

Für Verbraucher sind höhere Preise natürlich misslich: Steigen ihre Gehälter nicht im gleichen Maße, können sie sich immer weniger leisten. Auch für Anleger ist das ein Problem. Schließlich bekommen sie derzeit nur mickrige Zinsen, die von der Inflation schnell aufgefressen werden. Das heißt: Menschen legen Geld an, können sich in Zukunft davon aber dennoch weniger leisten als heute.

Trotz alledem sind Ökonomen froh, dass die Inflation anzieht. Denn ihr Gegenteil, die Deflation, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht viel schlimmer: Fallen die Preise, kann das schnell in die Krise führen. Schließlich gehen Verbraucher und Unternehmen dann davon aus, dass die Produkte in Zukunft noch billiger werden und halten sich mit Anschaffungen zurück.Die Unternehmen verkaufen weniger, die Preise fallen weiter. Der Umsatz der Unternehmen fällt, Arbeitsplätze werden abgebaut. Steigt die Arbeitslosigkeit, halten sich die Menschen noch mehr mit Anschaffungen zurück. Alles in allem entsteht eine Abwärtsspirale. Deshalb ist Ökonomen eine Inflation viel lieber als ein Preisverfall. Die Europäische Zentralbank (EZB) wünscht sich zum Beispiel einen Preisanstieg von zwei Prozent. Den können Verbraucher noch einigermaßen verkraften – gleichzeitig hat man die Gefahr der Deflation gebannt.

Was das für die Geldpolitik heißt

Die Europäische Zentralbank versucht mit ihrer Geldpolitik die Preisentwicklung zu beeinflussen und die gewünschte Inflationsrate von zwei Prozent zu erreichen. Auch deshalb pumpt sie derzeit so viel Geld in den Markt: Sie kauft Banken Anleihen ab und hofft, dass die Geldhäuser das Geld als Kredite an Unternehmen vergeben, die es dann wiederum investieren. Dadurch steigt die Nachfrage und damit letztlich auch das Preisniveau – so ist das Kalkül der Notenbanker.

Der noch immer kleine Anstieg der Inflation in Deutschland wird am Kurs der EZB nichts ändern. Auch weil für die EZB die Preissteigerung im Euro-Raum insgesamt entscheidend ist, und die liegt derzeit nur bei 0,4 Prozent. EZB-Präsident  Mario Draghi rechnet damit, dass die Inflation in der Euro-Zone frühestens Anfang 2019 die Zielmarke von zwei Prozent erreicht. Deshalb gehe die Ökonomen davon aus, dass die Notenbank an ihrem Kurs festhalten wird. Stefan Kipar von der Bayern LB vermutet sogar, dass Draghi sein Kaufprogramm im Dezember noch einmal ausweiten dürfte.

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