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Wenn das Festnetz tot ist, hilft nur das Handy. Streitereien mit der Hotline und das Warten auf den Techniker fressen Zeit und kosten Nerven.

© Kitty Kleist-Heinrich

Verbraucherschutz: Das Ende des Telefonterrors

Monatelang keine Verbindung, Knebelverträge, Internet im Schneckentempo – ein neues Gesetz soll Verbraucher davor schützen.

Ein Umzug ist Routine, könnte man meinen. Das dachte auch Holger Strube, als er von Berlin-Zehlendorf nach Steglitz zog. 12 Kilometer lagen zwischen der alten und der neuen Wohnung. Ein kleiner Schritt für die fünfköpfige Familie, ein großer für die Telekommunikationsfirmen, die dafür sorgen sollten, dass die alte Vodafone-Nummer auch in der neuen Wohnung funktioniert.

„Dreimal habe ich vergeblich auf den Techniker gewartet“, erinnert sich der Ingenieur. Trotz schriftlicher Ankündigung erschien niemand – und das gleich dreimal. Vodafone erklärte sich für unzuständig. „Wir haben keinen Einfluss“, hieß es bei der Hotline. Für das Frei- und Umschalten der Leitungen sei die Telekom zuständig. Doch die ließ sich Zeit. Erst beim vierten Mal tauchte der Techniker wirklich auf, nach ein paar Handgriffen war alles erledigt. Zweieinhalb Monate Funkstille waren vorbei.

Ein neues Gesetz soll Verbrauchern jetzt helfen. Seit dem 10. Mai ist das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft, das Verbraucher bei Umzügen, beim Wechsel des Anbieters und bei Telefonaten mit Servicehotlines besserstellen soll. „Die Novelle stärkt und erweitert die Rechte der Kunden im Telekommunikationsmarkt deutlich“, meint Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).

ANBIETERWECHSEL

Nicht nur wer umzieht, auch wer in seiner Wohnung bleibt, aber den Telefonanbieter wechselt, musste in der Vergangenheit damit rechnen, für eine Weile von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Das neue Gesetz will mit dieser Unsitte aufräumen. Die Umschaltung darf jetzt höchstens einen Kalendertag dauern, wenn die technischen und vertraglichen Voraussetzungen gegeben sind. Auch wenn man seine alte Nummer zum neuen Anbieter mitnimmt – worauf man jetzt einen Anspruch hat –, muss diese innerhalb eines Tages freigeschaltet werden.

Verbraucherschützer begrüßen die TKG-Novelle. „Wir erwarten, dass die Anbieter das neue Gesetz umsetzen“, mahnt Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Die Bundesnetzagentur, die Überwachungsbehörde, solle ein „strenges Auge“ auf die Branche werfen.

Künftig soll der alte Anbieter den Kunden daher so lange weiter bedienen (und weiter Gebühren kassieren), bis die Umschaltung wirklich erfolgt ist. Diese Regelung tritt aber erst in sechs Monaten in Kraft. Bis dahin gilt ein Übergangsmodell: Der alte Anbieter bleibt in der Pflicht – aber nur bis zum ersten Umschalttermin. Platzt der oder funktioniert die Schaltung nicht, ist der Altanbieter trotzdem aus dem Rennen. „Bei Problemen sollen sich die Kunden an uns wenden“, heißt es bei der Bundesnetzagentur. Beim Verband der Telekommunikationsanbieter VATM sieht man vor allem die Telekom in der Pflicht: „Deren Serviceleistung muss sich verbessern“, kritisiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. Das einstige Staatsunternehmen beteuert seinen guten Willen: „Sollte es zu längeren Versorgungsunterbrechungen kommen, arbeitet die Telekom eng mit der Bundesnetzagentur und dem jeweiligen anderen Anbieter an einer schnellen Lösung zum Wiederanschluss ans Netz“, heißt es beim Netzbetreiber. Neuerungen gibt es auch im Mobilfunkbereich: Wer den Anbieter wechselt, kann seine Nummer jetzt auch dann mitnehmen, wenn der alte Vertrag noch läuft. Früher war die Mitnahme der Handynummer erst nach Auslaufen des ursprünglichen Vertrags möglich.

Holger Strube würde das neue Gesetz allerdings nicht helfen. Denn das TKG setzt den Anbietern nur dann enge Fristen, wenn der Kunde die Gesellschaft wechselt. Wer umzieht, aber bei seinem Anbieter bleibt, muss weiterhin sehen, wie er zurechtkommt. „Der Verbraucher kann seinem Anbieter eine Frist zur Leistungserbringung setzen und bei Ablauf der Frist den Vertrag kündigen“, rät Verbraucherschützerin Ehrig. Ansprechpartner wäre für Strube also Vodafone. Dennoch enthält das neue Gesetz auch für Menschen, die umziehen, Erleichterungen.

UMZUG

Wer in eine andere Stadt zieht, bekommt zwar eine neue Festnetznummer, kann aber seinen alten Vertrag behalten. Kann das Unternehmen am neuen Wohnort jedoch nicht die vertraglich vereinbarten Leistungen bringen – etwas schnelles Internet –, hat der Kunde ein Sonderkündigungsrecht. „Bisher war es reine Kulanz, ob der alte Anbieter den Verbraucher aus dem Vertrag entlassen hat“, sagt Verbraucherschützerin Ehrig. Viele Kunden mussten daher doppelt zahlen.

MEHR TRANSPARENZ

Wie leistungsfähig ist die Internetverbindung wirklich? Früher mussten die Provider nur die Höchstgeschwindigkeit des Netzes angeben, obwohl diese in vielen Regionen gar nicht erreicht wurde. Nach dem neuen Gesetz müssen sie nun auch das Mindestniveau angeben.

Auch beim Telefonieren müssen die Firmen den Kunden reinen Wein einschenken. Call-by-Call-Anbieter sind künftig verpflichtet, ihre Preise anzusagen. Solche Sparvorwahlen nimmt man von seinem Festnetz aus in Anspruch, um billiger zu telefonieren. Doch die Gebühren ändern sich schnell. Daher müssen die Anbieter die jeweils gültigen Tarife nennen. Eigentlich sollte diese Pflicht bereits jetzt gelten. Die Firma Tele2 hat vor dem Bundesverfassungsgericht jedoch einen Aufschub erwirkt. Damit die Firmen Zeit für die Umstellung haben, tritt die Preisansagepflicht nicht vor August in Kraft.

LAUFZEIT

Viele Kunden kommen aus ihren Verträgen nicht heraus, weil sie lange Laufzeiten vereinbart haben. Nach dem neuen TKG müssen die Verbraucher künftig die Wahl zwischen langen und kurzen Verträgen haben. Jeder Anbieter muss mindestens einen Tarif bieten, der maximal zwölf Monate lang läuft.

TELEFONRECHNUNG

Über die Telefonrechnung werden oft auch Dienste Dritter abgerechnet, etwa Nahverkehrstickets, die per Handy gebucht werden, oder Mehrwertdienste im Festnetz wie Horoskope oder Sexhotlines. Verbraucher sollen besser kontrollieren können, ob sie zu Recht zur Kasse gebeten werden. Die Forderungen Dritter müssen in der Telefonrechnung daher konkret bezeichnet werden: Worum geht es, wie heißt der Anbieter, wie ist er zu erreichen, und was verlangt er? Bei Differenzen können sich die Betroffenen dann direkt an den Anbieter wenden.

Und: Kunden, die mobil telefonieren, sollen einzelnen Rechnungsposten in ihrer Mobilfunkrechnung widersprechen können, ohne dass sie mit einer Sperre ihres Geräts rechnen müssen.

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