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Wirtschaft: Verdi fürchtet um 60 000 Telekom-Jobs

Auslagerung in Billiggesellschaften könnte fast ein Drittel aller Mitarbeiter in Deutschland und besonders Berlin betreffen

Berlin - Die Gewerkschaft Verdi befürchtet, dass deutlich mehr Mitarbeiter als bisher bekannt vom geplanten Sparprogramm bei der Deutschen Telekom betroffen sein werden. Verdi geht davon aus, dass mehr als 60 000 Mitarbeiter in die neu zu gründenden Servicegesellschaften der Telekom ausgelagert werden sollen. Bisher hatte der Konzern von 45 000 Mitarbeitern gesprochen. Telekom-Chef René Obermann hatte allerdings vor kurzem gesagt, dass es auch mehr werden könnten. Eine Telekom- Sprecherin sagte dem Tagesspiegel am Donnerstag, es sei noch keine Entscheidung gefallen. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass Verdi mit aus der Luft gegriffenen Zahlen die Mitarbeiter in Unruhe versetzt“, fügte sie hinzu.

„Die Zahl 45 000, die Ende letzten Jahres in der Öffentlichkeit genannt wurde, ist heillos untertrieben“, sagte dagegen Verdi-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder in Bonn. Verdi kündigte massiven Widerstand gegen die Umbaupläne der Telekom an. Auch Arbeitsniederlegungen schloss Schröder nicht aus. Am Mittwoch kommender Woche würden voraussichtlich mehr als 10 000 Verdi- Mitglieder an einer Protestkundgebung vor der Bonner Telekom-Zentrale teilnehmen, kündigte die Gewerkschaft an.

An dem Tag wird in Bonn nämlich der Aufsichtsrat tagen. Auf der Sitzung will Telekom-Chef René Obermann, seit November 2006 im Amt, seine neue Strategie präsentieren. Einen Tag später legt der Konzern seine Bilanz für das Geschäftsjahr 2006 vor. Teil der neuen Strategie ist in jedem Fall die Schaffung von drei neuen eigenständigen Tochtergesellschaften im Konzern. Der für den Service zuständige Vorstand Timotheus Höttges schickte dazu in der vergangenen Woche einen Brief an die 160 000 Mitarbeiter der Telekom in Deutschland. Ziel der neuen Organisation sei es, den Service für die Kunden zu verbessern. Betroffen sind Mitarbeiter im technischen Kundendienst, in der technischen Infrastruktur und in den Callcentern. Gleichzeitig will die Telekom aber auch die Kosten senken. „Wir sind unstreitig in vielen Teilen zu teuer“, schrieb Höttges. Daher sollen die Mitarbeiter länger arbeiten und weniger verdienen. Dafür sollen sie aber ihren Job im Konzern behalten. „Wir wollen keinen Verkauf der T-Service-Einheiten an Dritte“, schrieb Höttges.

Doch eben diesen Verkauf befürchtet Verdi – neben den dann künftig schlechteren Arbeitsbedingungen in den ausgegliederten Firmen. In Berlin hat die Telekom nach eigenen Angaben etwa 9000 Mitarbeiter. Der zuständige Fachbereichsleiter der Region Berlin-Brandenburg, Mike Döding, meint, dass die Region besonders stark unter dem Umbau zu leiden haben wird. „In der Region bleibt kein Stein auf dem anderen“, sagte Döding dem Tagesspiegel. „Allein in Berlin werden mindestens 4500 Mitarbeiter davon betroffen sein.“ Döding befürchtet, dass den Mitarbeitern dann zunächst das Entgelt um bis zu 50 Prozent gesenkt und die Arbeitszeit von derzeit 34 auf 38 Stunden verlängert werden soll. „Es gibt keine Konditionen, die nicht angefasst werden sollen“, sagte Döding. „Zunächst werden eigenständige Firmen gegründet und mittelfristig könnte es dann sein, dass man sich von ihnen trennt.“ Als Beispiel nennt er den Verkauf einiger Callcenter der Telekom an die Walter Telemedien. Nach Angaben Dödings haben die Mitarbeiter der Telekom vor dem Verkauf im Schnitt 18 bis 20 Euro verdient. Der Tariflohn bei Walter Telemedien liege dagegen bei 5,11 Euro. Für einige Zeit werden die ehemaligen Telekom-Mitarbeiter aber noch etwas mehr verdienen.

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