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Wirtschaft: Verdi ist zum Arbeitskampf bereit

Im Streit um längere Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst bietet der bayerische Ministerpräsident Stoiber Gespräche an

Berlin (huh/HB/pet). Im Streit um die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst droht die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi mit Protestaktionen bis hin zu einem Arbeitskampf. „Entsprechende Maßnahmen werden jetzt im Einzelnen vorbereitet“, sagte das für die Tarifpolitik im öffentlichen Dienst zuständige VerdiVorstandsmitglied Kurt Martin dem „Handelsblatt“. Sie könnten von Betriebsversammlungen über Warnstreiks bis hin zur Urabstimmung über einen regulären Arbeitskampf reichen. Martin betonte, dass Verdi ab Mai nicht mehr an die tarifliche Friedenspflicht gebunden sei, sollten die Bundesländer ihre Kündigung der Tarifvereinbarungen zur Arbeitszeit bis dahin nicht zurücknehmen. Unterdessen hat der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sich im Streit um die Verlängerung der Arbeitszeiten offen für Verhandlungen mit den Gewerkschaften gezeigt – allerdings nur, wenn diese einlenken.

Die Tarifgemeinschaft der Bundesländer (TdL) hatte den Arbeitszeit-Tarifvertrag für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes in Westdeutschland zum 30. April gekündigt. Als erstes Bundesland beschloss daraufhin Bayern die Einführung der 42-Stunden-Woche für den gesamten öffentlichen Dienst. Auch Hessen und Nordrhein- Westfalen haben angekündigt, dass sie die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer von bisher 38,5 Wochenstunden auf das Niveau der Arbeitszeit für Beamte anheben wollen. Dieses liegt in den genannten Ländern zwischen 41 und 42 Wochenstunden. Auch Niedersachsen und Bremen wollen die Arbeitszeit für Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst an die der Beamten angleichen, die 40 Stunden pro Woche arbeiten. Doch im Gegensatz zu Niedersachen sucht Bremen eine einvernehmliche Lösung mit den Gewerkschaften. Die Solidarpaktverhandlungen sollen nach Angaben eines Sprechers des Bremer Finanzministeriums nach Ostern aufgenommen werden.

Gegen den Trend im Westen plant die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern, die Arbeitzeit für ihre Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu verkürzen. „Wir können nur sparen, wenn wir die Arbeitszeit verkürzen und entsprechend weniger Gehalt zahlen“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums. Verhandlungen mit Verdi sollen „möglichst schnell“ aufgenommen werden, kündigte der Sprecher an.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Arbeitszeitverlängerung im öffentlichen Dienst für sehr viel mehr Fälle gelten soll als bislang angenommen. Neben Neueinstellungen sollen nach den Plänen der Tarifgemeinschaft der Bundesländer auch solche Arbeiter und Angestellte länger arbeiten, die höher gruppiert werden oder deren befristete Arbeitsverträge verlängert werden. Das geht aus einem Rundschreiben des niedersächsischen Finanzministeriums im Namen der Tarifgemeinschaft der Länder hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Eine Ministeriums-Sprecherin bestätigte, dass es entsprechende Pläne gibt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hält die Ausdehnung für unzulässig. „Das ist nicht mit dem Tarifvertragsrecht vereinbar“, sagte eine Sprecherin.

Der bayerische Ministerpräsident Stoiber machte inzwischen deutlich, dass er unter bestimmten Voraussetzungen zu Gesprächen mit den Gewerkschaften bereit ist. „Die Tür zu Gesprächen mit den Gewerkschaften ist offen“, sagte Stoiber der „Süddeutschen Zeitung“. „Sie machen aber nur Sinn, wenn die Gewerkschaften wieder zu einer realistischen Einschätzung der Lage zurückkommen.“ Stoiber habe aber deutlich gemacht, im Streit nicht nachgeben zu wollen.

In Gewerkschaftskreisen wird vermutet, dass Stoiber sich durch das Gesprächsangebot die Chance offen halten will, doch noch eine Einigung in den parallel laufenden Verhandlungen um eine Tarifreform des öffentlichen Dienstes zu erzielen. Bei der Reform geht es unter anderem um die Einführung einer leistungsgerechten Bezahlung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Verdi will die Verhandlungen wegen des Tarifstreits abbrechen. Sollte es zu keiner Einigung zwischen Ländern und Gewerkschaft kommen, drohe ein „tarifpolitischer Flickenteppich“, heißt es in Gewerkschaftskreisen.

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