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Schwupps, da war er schon drin, so einfach war das damals nämlich: Boris Becker als Werbebotschafter für AOL im Jahr 1999.

© AOL

Verizon-Deal: Aufstieg und Fall von AOL

Der US-Mobilfunkanbieter Verizon bietet 4,4 Milliarden Dollar für AOL. Ein Mega-Deal - der gleichzeitig das Ende einer Internet-Ära einläutet.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Der US-Mobilfunkkonzern Verizon übernimmt den Online-Pionier AOL für 3,9 Milliarden Euro (4,4 Milliarden Dollar), wie beide Unternehmen am Dienstag mitteilten. Verizon zahlt mit 50 Dollar pro Aktie einen Preis, der knapp ein Viertel über dem durchschnittlichen Aktienkurs der vergangenen drei Monate liegt. Verizon will sich damit offenbar bei Webinhalten wie Videos und im Bereich der Online-Werbung besser aufstellen. Es fehlt noch die Zustimmung der Wettbewerbshüter, doch wenn die kommt, könnte alles schon in den kommenden Monaten über die Bühne gehen.

Damit endet ein bedeutendes Kapitel Internet-Geschichte. Denn einst galt AOL als unangefochtener Herrscher im Netz: Während seiner Blütezeit um die Jahrtausendwende hatte der Konzern weltweit 30 Millionen zahlende Mitglieder. Damals hieß er auch noch „America Online“. Auch in Deutschland lagen jahrelang die CDs in diversen Zeitschriften bei, mit denen der Konzern seine Software unter das Volk brachte, mit der man online gehen konnte.

Bis heute unvergessen ist auch die Werbung, für die AOL den Tennisspieler Boris Becker einkaufte, der stellvertretend für eine ganze Nation online ging – und es im Spot gar nicht fassen konnte, wie einfach das war. „Bin ich schon drin?“, staunte Becker damals. Doch je alltäglicher das Internet wurde, umso mehr verblasste AOLs Stern. Der Konzern litt aber besonders unter der Internetblase, die in den frühen 2000er Jahren platzte. Kurz zuvor – auf dem Höhepunkt des Netzhypes – schloss sich AOL mit dem Medienkonzern Time Warner zusammen. Offiziell ein Zusammenschluss, war es doch eine Übernahme für eine Summe, die sich auch heute noch so fantastisch anhört, wie sie es auch damals schon war: 160 Milliarden Dollar. Daraus entstand AOL Time Warner. Damals wurde der Deal als eine zukunftsweisende Verbindung alter und neuer Medien gefeiert. In der Realität sollte er sich aber als ein gigantischer Fehler herausstellen – von dem sich AOL nie wieder recht erholte. 2009 gingen die beiden Unternehmen wieder auseinander. Bis heute gilt das Geschäft als einer der größten Flops in der Wirtschaftsgeschichte.

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In Deutschland arbeitete AOL einige Jahre mit dem Medienkonzern Bertelsmann zusammen. Thomas Middelhoff – in der Zwischenzeit ebenfalls tief gefallener deutscher Manager – war damals Multimedia-Vorstand des Medienkonzerns und eng befreundet mit AOL-Gründer Steve Case. Auf Middelhoffs Bemühungen hin stieg die Bertelsmann AG Mitte der 90er Jahre in das Europa-Geschäft von AOL ein. Nur wenige Jahre später wurde es wieder verkauft, kurz vor dem Platzen der Internetblase zu einem Preis von fast sieben Milliarden Dollar. Der Deal machte den Manager Middelhoff zur Legende und ebnete ihm den Weg zum Vorstandsvorsitz.

Das Kerngeschäft von AOL ist bis heute der klassische Internetzugang. Seit 2002 allerdings sinken die Kundenzahlen kontinuierlich. Ab Mitte der 2000er Jahre versuchte AOL, sich mit seinem in die Jahre gekommenen Abo-Modell zu einem reklamefinanzierten Alles-umsonst-Portal zu wandeln und im Zuge dessen auf Online-Werbung als Erlösmodell umzuschwenken. „Eine letzte Chance im Monopoly der Netzgiganten“, schrieben die Medien damals. Doch bis heute kann sich AOL in diesem Bereich nur schwer gegen Facebook oder Google behaupten. Im ersten Quartal legte der Umsatz im Jahresvergleich zwar um sieben Prozent auf 625 Millionen Dollar zu. Der Gewinn sank trotzdem um ein Viertel auf nur sieben Millionen Dollar.

„Verizon und AOL haben gemeinsame Visionen“, erklärte AOL-Chef Tim Armstrong am Dienstag zu der Übernahme. Er soll den Unternehmensteil auch nach der Übernahme führen. Neben der Huffington Post gehören der renommierte Tech-Blog Techcrunch und die Videowerbeplattform Adap.tv zu AOL. Mit der Kombination aus Videoangeboten und mobilem Internetzugang wolle man „die nächste Mediengeneration“ schaffen, hieß es aus New York. Das hat man doch schon einmal gehört in der Geschichte von AOL.

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