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Wirtschaft: Verkaufsflächen wachsen zu stark

BERLIN (pys).Die Berliner Forschungsstelle für den Handel (FfH) warnt vor einem Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei den Einzelhandelsflächen.

BERLIN (pys).Die Berliner Forschungsstelle für den Handel (FfH) warnt vor einem Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bei den Einzelhandelsflächen.Durch eine zu starke Expansion der Verkaufsfläche drohten vermehrt Pleiten, mahnen sie in einer Studie.Der Einzelhandel in Berlin-Brandenburg gerate offenbar aus den Fugen.Statt die Flut der Konsumtempel einzudämmen, gehe die Schere zwischen Angebot und Nachfrage allen Warnungen zum Trotz immer weiter auseinander.

Allein in der Bundeshauptstadt wuchs die Einzelhandelsfläche von rund 2,6 Mill.Quadratmetern Ende 1991 auf 3,2 Mill.Ende 1997.Dabei konnte der Ostteil sein Manko weitgehend wettmachen.Inzwischen kommen im Westen auf jeden Einwohner mehr als ein Quadratmeter, während es in den östlichen Bezirken 0,8 Quadratmeter sind.

"Als Daumenwert für ein relativ gesundes Verhältnis zwischen Fläche und Einwohnern sehen wir einen Quadratmeter.Wenn es eine größere Verkaufsläche pro Kopf gibt, kommt in der Regel die Flächenproduktivität nicht mit", erläutert Steffen Kern vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) in Köln.Ein weiteres Flächenwachstum schade dem Einzelhandel.In Westdeutschland habe der Durchschnitt bereits 1997 bei 1,16 Quadratmetern, in Ostdeutschland bei 1,06 Quadratmetern pro Einwohner gelegen.Tendenz steigend."Für Gesamtdeutschland geht man davon aus, daß die Verkaufsfläche von derzeit rund 95 Mill.auf 108 Mill.Quadratmetern steigen wird zum Jahr 2000.Und das bei seit Jahren stagnierenden Umsätzen", sagte Kern.

In Berlin soll sich bis zum Jahr 2000 nach bisherigen Erkenntnissen die Verkaufsfläche um weitere 880 000 auf über 4,1 Millionen Quadratmeter erhöhen.Das wäre nochmals ein Zuwachs von 27 Prozent.Der Bärenanteil entfällt dabei auf die östlichen Bezirke (plus 65 Prozent), während im Westteil etwa zehn Prozent hinzukommen.

Die Expansion konzentriert sich auf Toplagen wie die Bereiche Zoo und Mitte, auf Zentren wie die Schloßstraße in Steglitz, die Karl-Marx-Straße in Neukölln oder die Wilmersdorfer Straße, die Frankfurter Allee in Friedrichshain oder die Bahnhofstraße in Köpenick sowie auf Stadtteilzentren.

Würden alle Pläne umgesetzt, hätte um die Jahrtausendwende der Ostteil bei der Einzelhandelsfläche mit 1,24 Quadratmetern pro Kopf bereits den Westen (1,14 Quadratmeter) überflügelt.Vor einer derart ungebremsten Entwicklung warnen Experten schon lange.Vor allem im Osten droht der Studie zufolge aufgrund der geringeren Einkommen ein "erhebliches Ungleichgewicht zwischen Verkaufsflächen und Nachfragepotential".Wird diesem Trend nicht Einhalt geboten, sind Pleiten unausweichlich.

Insbesondere Lebensmittel-Anbieter bleiben auf der Strecke.Ihr Anteil an der Gesamtfläche des Einzelhandels ging vor allem in den östlichen Bezirken deutlich zurück.Lag er dort 1991 noch bei 51 Prozent, so waren es 1997 nur noch gut 36 Prozent.Bis zum Jahr 2000 wird er voraussichtlich auf 32 Prozent sinken.

Daran ändern auch die steigenden Pro-Kopf-Ausgaben für den Berliner Einzelhandel nichts: Sie erhöhen sich voraussichtlich von 8850 DM (1996) über 9050 DM (2000) bis auf 9700 DM (2010).Die Ost-West-Differenz wird sich von 18 Prozent (1996) über 15 Prozent (2000) auf zehn Prozent (2010) verringern.Im Brandenburger Umland werden die Werte jeweils knapp darunter bleiben.

Experten befürchten zudem, daß sich mit der Aufgabe von Geschäften die wohnortnahe Versorgung verschlechtert.Davon werden vor allem Regionen betroffen sein, in denen sich aufgrund geringerer Siedlungsdichte nur mittelständische Händler und keine Großmärkte angesiedelt haben.Aber auch einigen der entstehenden Kiezzentren wie der Marzahner Promenade droht Gefahr, wenn ihnen durch Konkurrenz zusätzlich Kaufkraft entzogen wird.

Die Forschungsstelle mahnt Investoren zu intensiverem Nachdenken über ihre Vorhaben.Sie fordert kein Verbot jeglicher Neuansiedlung von Großprojekten, sondern lediglich eine exakte Prüfung des Einzelfalls.

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