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Verkehr: Bahn will schnell an die Börse

Der Zug rollt Richtung Börse: Eine Verschiebung des Parkettgangs auf das Jahr 2009 ist vom Tisch. Und auch wenn sie Bahnchef Mehdorn ungelegen kommen, Zweifel an der Sicherheit der ICE-Züge ändern daran nichts.

Die Spitze der Deutschen Bahn hat trotz der weiterhin schwankenden Kapitalmärkte offenbar keine Bedenken mehr, im Herbst an die Börse zu gehen. „Die Frage einer Verschiebung stellt sich nicht mehr“, erfuhr der Tagesspiegel am Freitag aus Unternehmenskreisen. Das Interesse institutioneller Anleger an der Bahn-Aktie, vor allem aus dem Ausland, sei größer als erwartet. Gebremst wird das Unternehmen allerdings durch die Diskussion über die Sicherheit einiger ihrer Schnellzüge.

Auf der Suche nach potenziellen Investoren waren Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn und sein Finanzvorstand Diethelm Sack kürzlich in Asien unterwegs. Auch die russische Staatsbahn RZD hat bereits ihr Interesse an den 24,9 Prozent der Transportsparte DB Mobility Logistics AG bekundet, die im Oktober oder im November verkauft werden sollen. „Es gab ein Riesen-Interesse auf der Roadshow“, hieß es nun im Bahn-Umfeld. Mehdorn und Sack hätten die starke Stellung der Bahn auf dem europäischen Markt herausgestellt und über steigende Fahrgastzahlen und Gütermengen in den Zügen berichtet. Die Zahlen des Konzerns zum ersten Halbjahr will Mehdorn kommenden Montag in Frankfurt am Main erläutern.

Gegenwind erfährt Deutschlands letzter Staatskonzern derzeit aber bei der Diskussion um die Sicherheit seiner ICE-3-Züge. Anfang Juli war in Köln die Achse eines Zuges gebrochen, nachdem er mit Tempo 300 aus Frankfurt am Main gekommen war. Daraufhin ordnete die Schienen-Aufsichtsbehörde, das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), eine Überprüfung aller ICE-Züge an. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und beauftragte Gutachter, die Ursache zu erforschen.

Nun gibt es vom Konzern selbst neue Zweifel an der Stabilität der verwendeten Achsen (Radsatzwellen). Es geht um spezielle 17 Züge, die auf Strecken in den Niederlanden, Belgien und Frankreich eingesetzt werden. Die „Dauerfestigkeit“ bestimmter Wellen könne nicht nachgewiesen werden, heißt es in Briefen der Bahn an das EBA, die dem Tagesspiegel vorliegen. Um die Last auf der Achse zu reduzieren, schlug die Bahn die Schließung einiger Zugtoiletten vor, damit kein Wasser mehr mitgeführt werden muss. Außerdem werde in diesen ICE eingebaute Wirbelstrombremse teilweise ausgeschaltet. Personenverkehrsvorstand Karl-Friedrich Rausch wandte sich aber dagegen, das Problem zu verallgemeinern. „Es ist nicht sachgerecht, von einem einzelnen Bruch, dessen Ursachen noch nicht feststehen, vorschnell auf die Unsicherheit aller Achsen zu schließen“, erklärte er. Die ICE-3-Züge hätten bislang drei Milliarden Kilometer ohne Probleme absolviert.

Das EBA forderte von der Bahn gleichwohl, die Inspektionsintervalle für die im Ausland eingesetzten ICE von 300 000 auf 120 000 Kilometer zur verkürzen. Bei den übrigen ICE-3-Zügen gilt zudem weiterhin die Verpflichtung, sie alle 60 000 Kilometer intensiv zu überprüfen. Man überprüfe derzeit zudem „die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik“ und alle Faktoren, die auf den ICE 3 einwirkten, sagte eine EBA-Sprecherin. Der Siemens-Konzern, der das Herstellerkonsortium des ICE 3 angeführt hatte, wollte zu dem Thema nichts sagen. Der Zug verkehrt in sieben Ländern Europas. Der Velaro, eine Weiterentwicklung, fährt in Spanien, China und bald in Russland.

Aktionärsschützer forderten von der Bahn, das ICE-Thema beim Börsengang herauszustellen. „Es wäre wünschenswert, wenn die Bahn bei der Erstellung des Prospekts sehr prominent auf das Thema und die damit womöglich verbundenen Risiken hinweist“, sagte Carsten Heise, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dieser Zeitung. „Dann können die Anleger entscheiden, ob sie trotzdem bei dem Unternehmen einsteigen wollen.

Kritiker der Privatisierung verlangten mehr Vorsorge. „Die Bahn muss einen Plan entwickeln, wie sie die Achsen gegen solche auswechseln kann, die den Belastungen gewachsen sind“, sagte Winfried Wolf vom Bündnis Bahn für alle. „Bis dahin muss sie eine Geschwindigkeitsbeschränkung von zum Beispiel 200 Kilometern pro Stunde verordnen, um die Belastung der Achsen zu senken.“

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