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Pflichtlektüre für jeden Gymnasiasten in Deutschland: Ein Atlas wie zum Beispiel dieser von Klett.

© Klett

Verlage: Im Schul-Atlas bleibt die Krim ukrainisch

Deutschland, Osttimor, Kosovo, Südsudan: Alle paar Jahre werden politische Grenzen neu gezogen. Dann sind Millionen von Schulbüchern überholt. Deutsche Atlas-Verlage bleiben angesichts der Krim-Krise gelassen. Dieser Flecken Erde ist ihnen schlicht zu klein.

Von Maris Hubschmid

Präsident Putin hat die Krim bereits als Teil Russlands anerkannt – die Bundesregierung nicht. Deshalb bleiben deutsche Atlas-Verlage vorerst gelassen. „Erst, wenn Frau Merkel oder das Auswärtige Amt die Änderung offiziell bestätigt haben, werden wir tätig“, sagt Sebastian Schlüter von der Druck- und Verlagsgruppe Westermann, die den weit verbreiteten Diercke-Schulatlas herausgibt. „Ihr Urteil ist für uns bindend.“ Wenn die Welt sich verschiebt, Gewalten neu verteilt und politische Grenzen neu gezogen werden, sind mit einem Schlag Millionen von Schulbüchern überholt. Dann sind Kartografen gefordert, die Gebietshoheiten und – wie es bei der Krim der Fall wäre – auch Zeitzonen korrigieren, bis alles wieder seine Ordnung hat.

Allerdings, so erklärte der Marktführer, will er selbst, wenn die Krim russisch wird, zunächst weiter die existierenden Kartensammlungen verkaufen. Die Halbinsel sei schlicht nicht wichtig genug. „Die Krim ist nur eine Mini-Information von Millionen. Sie ist aus deutscher Sicht nicht so bedeutend“, sagt der Sprecher. Zwar würden die Systeme ständig aktualisiert, so dass bei Neuauflage alle Daten korrekt sind. Die Bestände will der Verlag aber nicht austauschen. „Dafür drucken wir nicht neu.“ Man habe gerade erst eine aktualisierte Fassung herausgebracht.

Geschätzt 260 000 bis 300 000 Schüler, die ins Gymnasium eintreten, schaffen sich jedes Jahr einen Atlas an. Weder für den Südsudan (2011) noch für das Kosovo (2008) haben die Verlage ihren Vertrieb umgestellt. „Das sind ja Werte“, sagt Schlüter. Ein Standardatlas kostet derzeit 31 Euro. „Da muss man sehr genau abwägen.“ Keine Wahl hatten die Verlage nach der deutschen Wiedervereinigung 1990: „Da liefen natürlich die Maschinen heiß. Da wurde hier alles restlos ausgetauscht.“

Auch beim Diercke-Konkurrenten Haack, der zu Klett gehört, will man nicht „in blinden Aktionismus verfallen“, wenn die Krim den Staat wechselt. „Wir legen unsere Atlanten grundsätzlich häufiger neu auf als andere Schullektüre“, sagt Mitarbeiterin Anja Vrachliotis – im Schnitt alle zwei Jahre. Allerdings will man dort aktualisierte Arbeitsblätter anbieten, die Lehrer kostenlos herunterladen können, sollte Frau Merkel das entscheidende Signal geben.

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