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Frankreich und Deutschland galten bisher als stärkste Wirtschaftsmächte der Euro-Zone. Nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs bleibt Deutschland allein an der Spitze zurück.

© dpa

Verlust der Bestnote: Frankreich verliert den Anschluss an Deutschland

Frankreich scheidet aus dem Kreis der Top-Schuldnerländer der Euro-Zone aus. Welche Konsequenzen Sarkozy daraus ziehen wird, ist fraglich.

Paris - Dieser Freitag, der 13. Januar, wurde für Nicolas Sarkozy zum Schwarzen Freitag. Nur hundert Tage vor dem ersten Durchgang zur Präsidentenwahl, in der er sich um eine zweite Amtszeit bewerben will, stellte die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) mit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs dem konservativen Präsidenten ein herbes Zeugnis seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik in den vergangenen fünf Jahren aus. Bis zuletzt hatte sich Sarkozy an die Hoffnung geklammert, dass Frankreich dieser Sanktion entgehen würde.

„Wir sind auf dem richtigen Weg“, hatte er seinen Ministern noch in der Regierungssitzung am Mittwoch versichert. Doch nur zwei Tage danach erschütterte ein „Erdbeben“, wie die linke Zeitung „Libération“ das Verdikt aus New York nennt, die zur Schau getragene Überzeugung. Mit dem Verlust der Bestnote AAA ist Frankreich zum ersten Mal seit Beginn der Notierungen 1975 aus dem Kreis der Topschuldnerländer ausgeschieden, denen auf den Kapitalmärkten jederzeit günstigste Bedingungen geboten werden. Frankreich verliert damit auch den Anschluss an Deutschland, den Sarkozy zur Wahrung des französischen Einflusses in Europa proklamiert hat. „Deutschland sitzt jetzt allein im Cockpit“, meint der frühere konservative Wirtschaftsminister Thierry Breton.

Welche Konsequenzen Sarkozy aus dieser Herabstufung ziehen wird, ist fraglich. In seiner Neujahrsansprache hatte er den Franzosen noch versichert, es seien „nicht die Märkte oder die Agenturen, die die Politik Frankreichs bestimmen“. Nun hielt er sich mit einer Stellungnahme zurück. Stattdessen schickte er am Freitagabend nach einer Krisensitzung im Elysée-Palast Wirtschaftsminister François Baroin vor, der im Fernsehen die Tragweite des Ereignisses bagatellisierte. Es sei zwar eine „schlechte Nachricht, aber keine Katastrophe“, sagte er. Im Übrigen habe die Agentur ihre Entscheidung auf die Instabilität der Euro-Zone gegründet und nicht auf die eingeleiteten Strukturreformen. Einen neuen Sparplan schloss er aus. Premierminister François Fillon versuchte, die Investoren zu beruhigen. „Sie können weiter Vertrauen zu Frankreich haben“, sagte er am Samstag in einer Pressekonferenz.

Die Opposition ging sofort zum Angriff auf Sarkozy über. „Der Verlust des Triple-A ist die Sanktion für die seit 2007 verfolgte Politik Sarkozys“, warf François Hollande, der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, dem Präsidenten vor. Marine Le Pen, die Chefin der rechtsextremen Nationalen Front, die laut Umfragen Sarkozy in der Präsidentenwahl gefährlich werden könnte, sagte, dies sei das „Ende des Mythos des schützenden Präsidenten“. Jean-Luc Mélenchon, der Kandidat der Partei Die Linke, rief zum „Widerstand im Krieg der Finanzmärkte gegen Frankreich“ auf. Die wirtschaftliche Tragweite ist nicht zu übersehen. Die Regierung verweist darauf, dass die Neuverschuldung 2011 besser ausgefallen sei als bisher angenommen. Sie wird jetzt auf 5,5 Prozent des BIP statt 5,7 Prozent veranschlagt, was eine Differenz von vier Milliarden Euro ausmacht. Ob sich diese Verbesserung im laufen Jahr fortsetzt, hängt jedoch vor allem davon ab, wie schnell sich die Wirtschaft von dem Wachstumseinbruch der vergangenen Monate erholt.

Frankreichs Staatsschulden belaufen sich auf 1689 Milliarden Euro. Zur Refinanzierung muss es in diesem Jahr 180 Milliarden Euro an den Märkten aufnehmen. Im Budget wurde dafür ein Zinssatz von 3,7 Prozent zugrundegelegt. 2011 war Frankreich jedoch mit 3,69 und 3,66 Prozent bereits zweimal knapp an die Grenze dieses Spielraums gestoßen.

Außer für den Staatshaushalt könnte die Herabstufung Frankreichs in Form höherer Zinsen auch Folgen für öffentliche Unternehmen wie Post oder Bahn sowie kommunale Einrichtungen haben. Diese müssten angesichts ihrer angespannten Finanzlage ihre Dienstleistungen entweder kürzen oder Gebühren und lokale Steuern erhöhen. Hans-Hagen Bremer

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