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Dachschaden.

© picture alliance / dpa

Versicherungsbranche: Gute Geschäfte, schlechte Stimmung

Die Versicherungsbranche wächst – doch sie leidet unter niedrigen Zinsen und warnt vor Regulierung.

Berlin - Die deutsche Versicherungswirtschaft rechnet für dieses Jahr mit dem stärksten Beitragswachstum seit 2003. Nach Schätzungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) werden die Beiträge um 4,7 Prozent oder 180 Milliarden Euro steigen. Vor allem die Lebens- und die private Krankenversicherung werden zulegen, prognostizierte GDV-Präsident Rolf-Peter Hoenen am Donnerstag in Berlin. Für die Krankenversicherung rechnet der Verband mit einem Beitragswachstum von sechs Prozent, bei Lebensversicherungen einschließlich Pensionskassen und -fonds sogar mit einem Anstieg um 6,8 Prozent.

Dennoch sieht die Assekuranz mit Sorgen in die Zukunft. Sowohl die geplante Neuregelung der Finanzaufsicht als auch die neuen Regulierungsvorschriften, die derzeit auf europäischer Ebene entworfen werden (Solvency II), machen die Versicherer nervös.

Die Branche sei gut durch die Finanzkrise bekommen, betont Hoenen: „Die Versicherer sind sicherer als manche Schweizer Bank“. Das sei auch ein Verdienst der bislang bei der Bafin angesiedelten Versicherungsaufsicht, findet der GDV-Präsident. Daher sieht der Verband Überlegungen der Bundesregierung, die Finanz- und Versicherungsaufsicht bei der Bundesbank anzusiedeln, kritisch. „Wir wollen nicht Regeln, die für den Bankensektor gemacht sind, übergestülpt bekommen“, kritisiert Hoenen, „wir brauchen eine eigenständige Versicherungsaufsicht.“

Auch bei Solvency II hofft der Verband noch auf Änderungen. Die neuen Vorschriften, die 2013 in Kraft treten sollen, legen Mindestkapitalvorschriften für die Versicherer fest. Dabei schießt die EU-Kommission nach Meinung des GDV jedoch über das Ziel hinaus. Die mit der Neuregelung verbundenen Berichtspflichten würden kleine und mittlere Versicherer überfordern, kritisiert Hoenen. Zudem müssten die Versicherer für die in Deutschland üblichen langfristigen Zinsgarantien in der Lebensversicherung künftig deutlich mehr Eigenkapital vorhalten als nötig sei. Das habe zur Konsequenz, „dass zukünftig langfristige Zinsgarantien erheblich teurer oder nicht mehr angeboten würden“, warnt der Verbandspräsident.

Doch das ist der einzige Kummer, der die Lebensversicherungsbranche derzeit belastet. Auch die Zinsflaute am Kapitalmarkt macht der Branche zu schaffen. Durch die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank zur Rettung der Banken seien die Zinsen in den vergangenen zwei Jahren um zwei Prozentpunkte gesunken, betont Hoenen. Das hat Konsequenzen: Da die Lebensversicherer jedes Jahr rund 100 Milliarden Euro neu anlegen, sei das ein Zinsverlust von zwei Milliarden Euro im Jahr. Maximilian Zimmerer, Chef der Allianz Leben, vermutet, dass im Zuge der langen Niedrigzinsphase der Garantiezins in der Lebensversicherung von 2,25 Prozent auf zwei Prozent gesenkt werden könnte – für Neuverträge ab dem Jahr 2012.

Die Schadenversicherer hoffen vor allem auf eines – besseres Wetter. Der Orkan „Xynthia“, der strenge, lange Winter, Hochwasser und Starkregen im Sommer haben ihnen in diesem Jahr die Bilanz verhagelt. Sie rechnen mit Ausgaben von 43,1 Milliarden Euro – mehr waren es nur 2002, als die Versicherer das Elbe-Hochwasser verkraften mussten.

Dagegen ziehen in der Autoversicherung, die seit Jahren von einem harten Preiswettbewerb der Anbieter geprägt ist, die Versicherungsbeiträge jetzt erstmals wieder an. „Die große Mehrheit der Unternehmen hat ihre Tarife zuletzt angehoben“, berichtet GDV-Präsident Hoenen. Allerdings lägen die Prämien immer noch auf dem Niveau von Anfang der 80er Jahre. Heike Jahberg

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