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Wirtschaft: Vertrauen der Banker ist erschüttert - Feindliche Übernahme befürchtet - Kunden sind irritiert

Auch am "Morgen danach" sind die Frankfurter Mitarbeiter der Deutschen und Dresdner Bank noch in Partylaune. Mit einem Lächeln betreten viele Anzugträger am Donnerstagmorgen den Hochhausturm der Dresdner-Bank-Zentrale in der Mainmetropole.

Auch am "Morgen danach" sind die Frankfurter Mitarbeiter der Deutschen und Dresdner Bank noch in Partylaune. Mit einem Lächeln betreten viele Anzugträger am Donnerstagmorgen den Hochhausturm der Dresdner-Bank-Zentrale in der Mainmetropole. Hier ärgert sich kaum einer über die tags zuvor überraschend gescheiterte Fusion mit der Deutschen Bank. "Ich bin jetzt vor allem froh, dass ich weiter bei meiner Bank bleiben kann", sagt ein Fachmann für Informationstechnologie. Wie viele seiner Kollegen hat er die geplatzte Bankenhochzeit am Mittwochnachmittag mit reichlich Sekt begossen: "Nun ist die wochenlange Unsicherheit endlich vorbei und die Stimmung wieder deutlich besser. Viele Kollegen hatten sich ja schon nach neuen Jobs umgesehen." Das die Dresdner irgendwann von einer anderen Großbank geschluckt werden könnte, verdrängen viele. "Nun machen wir erstmal weiter wie bisher," kommentiert ein Investment-Banker der Dresdner Bank. Ihn hatten die Nachrichten am Mittwoch in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt. Noch am Morgen hatte es geheißen, dass bei der Zusammenlegung des Investmentsgeschäfts 90 Prozent dieser Jobs bei der Dresdner Bank wegfallen sollen. "Als das Scheitern der Fusion bekannt wurde, haben wir gefeiert."

Weniger ausgelassen zeigen sich die Mitarbeiter der Deutschen Bank in Frankfurt. Viele wollen gar keine Auskunft geben, andere bleiben zugeknöpft. "Ziemlich bedrückt" sei die Stimmung in der Personalabteilung gewesen, berichtet eine Frau im blauen Mantel. "Für dieses Projekt haben schließlich viele Leute monatelang gerackert und auch Herzblut investiert." Dass die Verhandlungen mit dem Konkurrenten Dresdner Bank nun bereits zum zweiten Mal gescheitert sind, findet sie völlig unverständlich. "Solche Knackpunkte hätte man doch vorher klären müssen."

Die Kollegen in Berlin sind da ähnlicher Meinung, dennoch überwiegt bei vielen die Freude über das Ende der Ungewissheit. Durch den plötzlichen Strategiewechsel werden die 89 Filialen der Hauptstadt einige Kunden halten können, die bereits planten, zu einer anderen Bank zu wechseln. Eine Angestellte der Deutsche Bank 24 Filiale an der Tauentzienstraße strahlt über das ganze Gesicht: "Jetzt bleibt es erst mal so wie es ist." Den Arbeitsplatz werden sie und ihre Kollegen vorerst nicht wechseln müssen. Eigentlich Grund genug zu feiern, nur Zeit dazu blieb nicht. "Hier ist immer viel Betrieb, und gestern haben wir bis 20 Uhr gearbeitet", erklärt die Bankerin. "Danach ist jeder für sich nach Hause gegangen."

Auch in der Berliner Zentrale der Deutschen Bank ist man nach dem Scheitern des Zusammenschlusses zurückhaltend. "Die Nachricht kam völlig überraschend, ich selbst habe es im Fernsehen erfahren", sagt ein Sprecher der Deutschen Bank. Erst kurz darauf hätten die Mitarbeiter die Meldung auch per E-Mail geschickt bekommen. Zweifel an ihrer Richtigkeit habe aber niemand gehabt, "schließlich ist die Zeit für Aprilscherze ja schon vorbei". Die alte Strategie der Deutschen Bank, das Geschäftskunden-Banking auszubauen und bundesweit Filialen zu schließen, trete nun wieder in Kraft. Umstrukturierungen und Arbeitsplatzwechsel werde es in der Deutschen Bank auch ohne die Fusion mit der Dresdner Bank geben.

"Die Mitarbeiter reagieren besonnen und ohne größere Emotionen", berichtet derweil eine Sprecherin der Dresdner Bank in Berlin. Doch nicht alle Mitarbeiter der 71 Filialen in der Stadt blieben am Mittwoch gelassen: "Ich wäre vor Überraschung fast gegen einen Baum gefahren", berichtet eine Beraterin der Niederlassung am Kurfürstendamm, die auf dem Nachhauseweg im Radio vom Platzen der Fusionspläne erfuhr. Doch nach der ersten Erleichterung machte sich schnell Unbehagen breit. "Bis gestern wußten wir wenigstens noch ungefähr, wie es weitergeht", sagt die Bankerin. Jetzt fürchten sie und ihre Kollegen eine feindliche Übernahme.

Dass in Frankfurt am Mittwoch die Sektkorken knallten, können die Berliner nur teilweise nachvollziehen. Nach wochenlangem Däumchendrehen hätten die Kollegen am Main nun endlich die Arbeit an ihren eigenen Projekten wieder aufnehmen dürfen, an den Schaltern der Filialen habe sich jedoch nicht viel geändert. Außer dass nun Kunden fragten, ob, wann und zu welcher Bank sie wohl in Zukunft wechseln müssen.

Vor allem das Vertrauen in die Bankvorstände ist schwer erschüttert. "Man fragt sich, was die sich bei der Planung gedacht haben," ärgern sich Mitarbeiter beider Institute. "Schließlich ging es bei der Fusion nicht um Peanuts."

Birga Böcker

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