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Wirtschaft: Verwaltungsrat drängt auf mehr Einfluss

Kontrolleure der Bundesagentur für Arbeit fordern nach Gerster-Affäre Einsicht in die Verträge des Vorstands

Berlin (ce). Nach der Entlassung des Chefs der Bundesagentur für Arbeit (BA), Florian Gerster, ist eine Diskussion um den Einfluss von Gewerkschaften und Arbeitgebern auf die Politik der BA entbrannt. Nach Informationen des Tagesspiegels gibt es im Arbeitgeberlager konkrete Überlegungen, bei der nächsten Verwaltungsratssitzung am 6. Februar einen neuen Vorstoß zur Ausweitung der Kompetenzen des Kontrollgremiums zu wagen. So pochen die Arbeitgeber darauf, grundsätzlich das Recht eingeräumt zu bekommen, einen Einblick in die Verträge des dreiköpfigen BAVorstands zu erhalten. Ein Rechtsgutachten unterstützt ihre Forderungen juristisch.

Gerster hatte kürzlich der Spitze des Verwaltungsrats einen Einblick in seine Verträge gewährt – allerdings auf freiwilliger Basis. Für ein institutionelles Recht wären jedoch Gesetzesänderungen notwendig. Das Wirtschaftsministerium ist jedoch offenbar skeptisch. So sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) kürzlich, der Verwaltungsrat habe bereits eine Menge Kompetenzen, die er erst einmal nutzen solle.

Die 21 Mitglieder des Verwaltungsrates stammen zu je einem Drittel aus den Gewerkschaften, Arbeitgebern sowie Bund, Ländern und Kommunen. Sie sind quasi die Anteilseigner der Nürnberger Behörde: Mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung bringen Arbeitnehmer und Arbeitgeber schließlich den Großteil der rund 50 Milliarden Euro auf, den die BA im Jahr für das Arbeitslosengeld, für Arbeitsbeschaffunsgmaßnahmen und für Weiterbildungskurse ausgibt. Nur ein geringer Teil des Etats stammt aus Steuergeldern, die der Bund aus seinem Haushalt zuschießt. Der Vorsitz des Gremiums wechselt jährlich zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften.

Verwaltungsrat sucht Vorstand

Nach seiner Satzung ist der Verwaltungsrat das Überwachungsorgan der Bundesagentur. Die 21 Vertreter kontrollieren den Vorstand und die Verwaltung. Berichte der Innenrevision – wie jetzt über die Beraterverträge der BA – müssen dem Verwaltungsrat sofort zugeleitet werden. Seit Jahresanfang hat der Verwaltungsrat neue Kompetenzen erhalten. Danach kann er – wie am vergangenen Samstag – die Entlassung eines Vorstandsmitglieds beschließen, benötigt dafür aber die Zustimmung der Bundesregierung. Berufen kann sich der Verwaltungsrat etwa auf ein „gestörtes Vertrauensverhältnis“.

Auch bei der Suche nach einem Nachfolger hat der Verwaltungsrat inzwischen ein Wörtchen mitzureden: Das Gremium hat innerhalb einer Frist von 30 Tagen zumindest das Vorschlagsrecht. Passt der Kandidat der Bundesregierung nicht, so kann sie auf einem zweiten Vorschlag bestehen – und letztendlich auch einen eigenen Vorschlag präsentieren. Faktisch wird Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) auf einen bereits im Vorfeld mit ihm abgestimmten Vorschlag drängen. „Der soll uns mal ein paar Namen anbieten“, hieß es im Verwaltungsrat. Clement stellte am Donnerstag klar, die Bundesregierung werde vom letzten Entscheidungsrecht „auch Gebrauch machen“.

Clement sieht keine Eile

Eile sieht Clement bei der Suche nach einem Nachfolger jedoch nicht geboten. „Insgesamt haben wir heute eine Situation, die niemanden zur Hektik veranlassen muss“, sagte der Minister am Donnerstag anlässlich einer Bundestagsdebatte zur Reform der Behörde. Der BA-Vorstand mit dem kommissarischen Behördenchef Frank-Jürgen Weise sei handlungsfähig und am bisherigen Reformprozess maßgeblich beteiligt gewesen. Es bestehe „volles Vertrauen, dass die Arbeit so weitergehen kann, wie sie angelegt worden ist“, sagte Clement.

In der Opposition gibt es zahlreiche Stimmen, den Verwaltungsrat in seinen Rechten stärker zu beschneiden. Für den FDP-Politiker Dirk Niebel ist etwa Verwaltungsratschefin Ursula Engelen-Kefer ein „Dinosaurier des Verbändestaates“, der CDU-Abgeordnete Hans-Joachim Fuchtel bezeichnet die DGB-Vize als „personifizierte Reformunfähigkeit“. Niebel setzte sich sogar für eine Auflösung der Behörde ein. Diese sei „reformunfähig“, sagte er.

Der Verwaltungsrat sieht das natürlich anders. Damit der Reformprozess fortgesetzt werden könne, wären gesetzliche Änderungen und Satzungsänderungen notwendig, heißt es in einem Beschluss des Gremiums. So wollen die Kontrolleure stärker eingebunden werden bei Zielvereinbarungen für die neuen Job Center, die auch finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt haben. Ebenso fordern sie bei der bevorstehenden Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II mehr Mitsprache. Wie diese gemeinsam von den Arbeitsämtern und den Kommunen betreut würden, sei auch Sache des Verwaltungsrats, heißt es.

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